Die grüne Wende: 30 Jahre Ozon- und Klimaschutz durch natürliche Kältemittel
Dank internationaler Zusammenarbeit schließt sich das Ozonloch. Die GIZ sorgt dafür, dass Ozon- und Klimaschutz Hand in Hand gehen. Der Anstoß kam aus Ostdeutschland.
Vor 40 Jahren haben Wissenschaftler*innen über der Antarktis das Ozonloch entdeckt. In der Folge tauschten die meisten Hersteller von Kühlgeräten und Sprayflaschen ozonschädliche gegen klimaschädliche Gase aus. Diese treiben die Erderwärmung an. Die GIZ setzt daher seit Beginn des Programms Proklima 1995 auf natürliche Kältemittel. Diese schädigen weder Ozonschicht noch Klima und Umwelt. Damit war die GIZ damals Vorreiterin. Heute laufen 100 Prozent der Kühlschränke in der Europäischen Union und 70 Prozent weltweit mit zukunftsfreundlichen natürlichen Alternativen. Wie gelang diese Wende in der Kältetechnik?
Grüne Kühlschränke – eine ostdeutsche Erfindung
Guntram Glasbrenner, der Leiter von Proklima, erklärt: „Die Ostdeutschen zeigten zuerst, dass natürliche Kältemittel auch bei Haushaltsgeräten sicher funktionieren. Die dortigen Betriebe konnten aufgrund der wirtschaftlichen Isolation der DDR den damals üblichen synthetischen Ersatz für ozonschädliche Gase nicht importieren. Daher experimentierten sie mit natürlichen Kältemitteln.“ 1992 brachte eine frühere DDR-Firma mit dem „Greenfreeze“ den ersten Ökokühlschrank der Welt auf den Markt. Greenpeace vermarktete ihn erfolgreich. Die großen Hersteller wie Bosch, Siemens und Liebherr begannen 1993 in Deutschland mit der Massenproduktion.
Die ostdeutsche Erfindung erspart der Welt heute eine Menge CO2. Allein durch die Arbeit der GIZ für den Einsatz natürlicher Kältemittel wurden insgesamt mehr als 120 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente eingespart. Das entspricht den jährlichen Emissionen von mehr als 30 Kohlekraftwerken. Für den weltweiten Transfer der grünen Technologie hat die GIZ mit der „Green Cooling Initiative“ ein weltweites Netzwerk mit mehr als 200 Partnern aufgebaut. Seit 1995 hat die GIZ im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums und anderer Geber mit Proklima 60 Länder dabei unterstützt, klimafreundliche Kühltechnik mit natürlichen Kältemitteln einzuführen.
Ein Artikel in einem Fachmagazin brachte 1985 den Stein ins Rollen. Forscher hatten über der Antarktis ein Loch in der Ozonschicht entdeckt und vermuteten FCKW-Gase als Ursache. Diese kamen seit den 1920er-Jahren in Haarspraydosen, Kältemitteln und Schaumstoffen zum Einsatz. Als sich bestätigte, dass sie den UV-Schutz der Erde zerstörten, war die Angst groß. Ohne den Ozon-Schirm vernichten UV-Strahlen Leben auf der Erde. Es drohen Hautkrebs und Augenschäden, Pflanzen sterben.
Allen war klar: Schnelles Handeln war gefragt. 1987 brachten die Vereinten Nationen das Montreal-Protokoll auf den Weg. Das Abkommen verbietet weltweit, ozonschädliche Chemikalien in Kühlgeräten, Sprays und anderen Anwendungen einzusetzen. Es ist bis heute der einzige Vertrag, der von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. 2016 vereinbarten die Staaten in Kigali, auch schrittweise Stoffe zu reduzieren, die dem Klima schaden.
Kühlung und Klimatisierung sind für etwa zehn Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Schätzungen gehen davon aus, dass eine weltweite, konsequente Umsetzung der Ergänzung von Kigali 0,5 Grad Erderwärmung verhindern kann.
Vom ersten deutschen Technologietransfer mit GIZ und Liebherr zur weltweiten Wende
Bis die natürlichen Kältemittel weltweit zum Einsatz kamen, musste sich einiges tun. Der Leiter von Proklima führt aus: „1993 stellten die deutschen Hersteller den Greenfreeze erstmals auf einer Messe in China vor. Auch Greenpeace rührte kräftig die Werbetrommel. Bald darauf halfen wir im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums gemeinsam mit der Firma Liebherr dabei, eine Produktionslinie für Kühlschränke in China auf grüne Technologie umzustellen. Dies war der erste Transfer von grüner Kältetechnologie über deutsche Grenzen hinweg.“
Als 2019 die Änderung von Kigali in Kraft trat, arbeitete die GIZ schon fast ein Vierteljahrhundert daran, synthetische durch natürliche Kältemittel zu ersetzen. Glasbrenner erklärt: „Wir zeigten, dass und wie es möglich ist, synthetische durch natürliche, klimafreundliche Kältemittel zu ersetzen. Dafür entwickeln und testen wir bis heute mit Regierungen, internationalen Organisationen und Unternehmen vor Ort, was funktioniert. Im Anschluss wenden wir es rund um den Globus an.“ Es bleibt viel zu tun, denn aufgrund der Erderwärmung steigt die Nachfrage nach Kältegeräten weltweit. Bei Klimaanlagen werden weiterhin synthetische Stoffe eingesetzt, die den Klimawandel antreiben.
Die GIZ berät Länder dazu, wie sie die internationalen Vorgaben von Montreal und Kigali in ihre Gesetzgebung und Praxis überführen können. Gemeinsam mit Unternehmen baut die GIZ neue Produktionslinien auf. Bis heute hat die GIZ mehr als 600.000 Männer und Frauen dazu fortgebildet, wie sie sicher mit natürlichen Kältemittel umgehen können. Das ist wichtig, da die meisten natürlichen Kältemittel leicht entzündlich sind. Glasbrenner erläutert die Vorteile: „Natürliche Kältemittel sind kostengünstiger als synthetische Alternativen, weil sie keinem Patentschutz unterliegen und zunehmend weltweit verfügbar sind. Auch lassen sich Kühlgeräte mit ihnen energieeffizienter und in vielen Ländern kostengünstig mit Solarenergie betreiben.“
Die grüne technologische Revolution schützt Klima und Portemonnaie. Gleichzeitig verbessert sie das Leben vieler Menschen. Die speziell ausgebildeten Fachkräfte sind gefragt, verdienen gut und können sich und ihre Familien ernähren. Supermärkte, Fischereien und Metzger rund um den Globus kühlen dank Proklima zu geringeren Kosten mehr Nahrung. In heißen Ländern ermöglicht das „Green Cooling“ mit der GIZ zudem lückenlose Kühlketten für Impfstoffe: So wurden in Burkina Faso dank energieeffizienter, umweltfreundlicher Kühlschränke 11.000 Menschen geimpft. In Malawi stieg die Impfrate von Kindern in einzelnen Regionen mit der neuen Kühltechnik auf 80 bis 90 Prozent. Mit Proklima trägt die GIZ zu guten Ergebnissen für 15 der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen bei.