Wo und wie wir tätig sind
Der kolumbianische Friedensprozess gilt als emblematisches Beispiel dafür, wie auch langanhaltende Gewaltkonflikte durch Dialog und Verhandlungen gelöst werden können.
Im Friedensvertrag mit der FARC-Guerrilla wurde Deutschland ausdrücklich um Unterstützung bei der Aufarbeitung der gewaltsamen Vergangenheit und der Anerkennung der Rechte der Opfer gebeten. In Kolumbien unterstützen wir die fachlich oft sehr gut ausgebildeten Partner vor allem bei der Gestaltung von Dialogräumen und der Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Institutionen und Zivilgesellschaft. Beispielsweise unterstützen wir die Unidad de Victimas, die für die Betreuung der Opfer zuständig sind, dabeit, ihre Arbeit effizienter zu gestalten und die Zivilgesellschaft miteinzubeziehen. Wir helfen zivilgesellschaftlichen Organisationen Fälle zu dokumentieren, um diese im Anschluss bei der Sondergerichtsbarkeit oder bei der Wahrheitskommission zu präsentieren.
Der Friedensprozess in Kolumbien steht vor großen Herausforderungen: Die komplexe Umsetzung des Abkommens verläuft stetig aber langsam, nicht zuletzt, weil ein belastbarer politi-scher Konsens fehlt. Die im Rahmen des Abkommens neu geschaffenen Institutionen kämpfen um Anerkennung und eine ausreichende Mittelausstattung. Neue und alte bewaffnete Gruppen versuchen lukrative illegale Ökonomien (Koka-Produktion, Goldabbau) unter ihre Kontrolle zu bringen. In der Folge steigt die Gewalt gegen lokale Friedensaktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen.
Mit unserer Arbeit leisten wir einen nachhaltigen Beitrag zur Umsetzung der Ziele 5 (Gleichstellung der Geschlechter) und 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) der Agenda 2030 sowie zur Umsetzung der Resolution 1325/2000 zur Beteiligung von Frauen an Frieden, Sicherheit und Krisenbewältigung des UN-Sicherheitsrates.
Ziel
Das Ziel des Vorhabens ProPaz ist die partizipative und effiziente Umsetzung der Friedenspolitiken auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene in den Regionen Caquetá, Meta und Norte de Santander.
Dies wird im Rahmen der folgenden fünf Themen unterstützt:
• Regionale Friedensentwicklung
• Strafrechtliche Aufarbeitung und Historische Wahrheit
• Opferentschädigung und Landrückgabe
• Suche nach verschwundenen Personen
• Stärkung der Kapazitäten von Lokalverwaltungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zur lokalen und regionalen Friedensentwicklung (gemeinsam mit der Europäischen Union)
Ausgewählte Wirkungen
• Teilnahme von knapp 6.000 Personen an über 70 Bera-tungsprozessen, die die Teilhabe von Opfern und anderen Bevölkerungsgruppen an politischen Prozessen und Dialogräumen fördern.
• Lokale zivilgesellschaftliche und institutionelle Akteure setzen Methoden der Gewaltprävention um, wovon bis zu 10.000 Personen in 5 Gemeinden Norte de Santanders profitieren.
• Unterstützung des Systems der Übergangsjustiz bei der Aufarbeitung von 15.000 Fällen sexueller Gewalt während des Konflikts; sowie 7.000 Fällen von verschwundenen Personen.
• 10.500 Jugendliche in Meta und Norte de Santander behandeln mit ihren Lehrer*innen im Unterricht Themen der Erinnerungsarbeit.
• 550.000 Opfer des bewaffneten Konfliktes profitieren von effizienteren Dienstleistungen des Staates (psychosoziale Unterstützung, gewissenhaftere Implementierung von Urteilen zur Rückgabe von gestohlenem Land, effizientere Umsetzung von lokalen Plänen zur Opferentschädigung)
Mit Kunst gegen Gewalt!
Als Antwort auf eine 2014 aufkommende neue Welle der Gewalt in Cúcuta in Norte de Santander, gründete der junge Rapper „Pepe" das Kollektiv 5ta con 5ta. Er selbst stammt aus einem ärmeren Viertel der Stadt und arbeitet bereits seit langer Zeit mit Jugendlichen. „Die Musik ist in den ärmeren Vierteln die wirkliche Bildung", so der Direktor von der 5ta con 5ta Crew. Für ihn war es die Musik, die ihn dazu brachte, sich in Frage zu stellen, seine Analysefähigkeit zu schärfen und die ihn dazu bewegte zu Schreiben.
Ziel des Kollektivs - zu dem mittlerweile 17 feste Mitarbeiter*innen gehören - liegt darin, jugendliche Führungspersönlichkeiten zu fördern und dabei zu unterstützen gesellschaftliche Veränderungsprozesse in ihren Stadtteilen oder Regionen zu initiieren. Dafür organisiert das Kollektiv kulturelle Aktivitäten in öffentlichen Räumen und Workshops an Schulen mit Kindern und Jugendlichen aus überwiegend marginalisierten Stadtteilen. Über künstlerische Ausdrucksformen wie Rap, Graffiti, Break Dance, Video und Theater bearbeiten sie mit den Jugendlichen und Kindern verschiedene Themen: die Aufarbeitung des bewaffneten Konfliktes, die lokale Integration oder die Aufklärung und den Schutz von Jugendlichen und Kin-dern. Dies geschieht beispielsweise durch das Anschauen von Problematiken wie der gewaltsamen Rekrutierung durch illegale Akteure, Drogenkonsum, Schwangerschaft von Minderjährigen oder die zunehmende Migration aus Venezuela.
Die Jugendlichen, lernen dadurch, ihre Emotionen künstlerisch auszudrücken, ihre Vergangenheit künstlerisch aufzuarbeiten, und wie sie selber zu einem friedlichen Zu-sammenleben beitragen können.
Darüber hinaus hat das Kollektiv Kampagnen zur sexuellen Aufklärung und gegen Gewalt gegen Frauen sowie den Dialog zwischen Polizei und Graffitisprayern ermöglicht und begleitet.
Jedes Jahr organisiert 5a con 5a ausserdem ein Hip-Hop Festival, an dem mehr als 1.500 Jugendliche aus der ganzen Region teilnehmen.