Kommunalentwicklung und Altstadtsanierung in Lviv
Projektkurzbeschreibung
Bezeichnung: Kommunalentwicklung und Altstadtsanierung in Lviv
Auftraggeber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Land: Ukraine
Partner: Stadtverwaltung Lviv, Amt für Denkmalpflege
Politischer Träger: Ministerium für Regionalwesen und Bau, Wohnungs- und Kommunalwirtschaft, Ukraine
Gesamtlaufzeit: 2009 bis 2017
Ausgangssituation
Die Stadt Lviv (Lemberg) liegt im aktuellen osteuropäischen Spannungsfeld. Sie ist von großer kulturhistorischer Bedeutung; die mittelalterliche Innenstadt gehört seit 1998 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Im Umgang mit dem Erhalt des Erbes gibt es zahlreiche Herausforderungen:
- Ein Großteil der Bausubstanz wurde über Jahrzehnte vernachlässigt und befindet sich in einem sehr schlechten Zustand.
- Fehlendes Bewusstsein sowie mangelndes Wissen über fachgerechte Baumaßnahmen sind häufig größere Probleme als die Beschaffung finanzieller Mittel.
- Die Rahmenbedingungen für eine fachgerechte Sanierung von Gebäuden in den Altstadtvierteln sind ungünstig.
- Eine integrierte Stadtentwicklung, die unterschiedlichen Belange, aber auch Herausforderungen der Stadt, plant und nachhaltig berücksichtigt, fehlt.
- Vorausschauende, strategische, raumorientierte und integrierte Planung findet nur in Einzelfällen statt.
Ziel
Die Stadterneuerung der historischen Altbauquartiere von Lviv wird nachhaltig und effizient gesteuert.
Vorgehensweise
Die GIZ berät, unter anderem mit Spezialisten für Restaurierungen, die Stadtverwaltung von Lviv (Durchführungspartner), Fachhandwerker und Bauunternehmen sowie lokale Nichtregierungsorganisationen über innovative Ansätze zur Altstadtsanierung.
Mithilfe deutscher Zuschüsse werden an ausgewählten Objekten fachgerechte Sanierungen, kombiniert mit Schulungen, durchgeführt. Seit 2009 wurden so 20 Prozent der Denkmäler in der Altstadt saniert oder teilsaniert. Sie sind Beispiele für eine vorbildliche Sanierung historischer Gebäude und dienen darüber hinaus als Ausbildungsmaßnahmen für Fachleute, wie Handwerker, Architekten oder öffentliche Fachangestellte. Über 500 Beschäftigte von Handwerks- und Baufirmen profitierten von Fortbildungsmaßnahmen.
Zahlreiche Sanierungen konzentrierten sich auf Wohnhäuser und öffentliche Gebäude, wie Bibliotheken, Museen oder Kliniken. Bewohner sind durch finanzielle Beiträge, vertragliche Verpflichtungen, Beratung und Diskussionen in die Umsetzung eingebunden. An den Förderprogrammen für Restaurierung haben über 2.000 Haushalte teilgenommen.
In der Zusammenarbeit und in vielen Trainings für die Verwaltung und lokale Nichtregierungsorgansationen wurden planerische und praktische Bedarfe intensiv thematisiert. Instrumente, etwa ein integriertes Altstadtentwicklungskonzept, eine Gestaltungsfibel oder eine Bürgermoderationsbroschüre wurden gemeinsam mit den ukrainischen Partnern entwickelt.
Um das Thema Stadterneuerung zu verstetigen, wurden Verantwortlichkeiten aufgrund der Ergebnisse von Befragungen und Analysen neu festgelegt. 2016 und 2017 leistete das Vorhaben vor allem Beratung zur Analyse von Entscheidungsprozessen bei Entwicklungs- und Investitionsintentionen in der Gesamtstadt sowie zur Neuausrichtung des Steuerungsprozesses.
Das Vorhaben erhielt vom Bürgermeister das Mandat, den Steuerungsprozess zur integrierten Stadtentwicklung sowohl mit den strategischen Visionen der Stadt als auch für eine Verzahnung mit dem Budget neu zu gestalten.
Zahlreiche bewusstseinsbildende, öffentlichkeitswirksame Maßnahmen und Veranstaltungen wurden durchgeführt.
Wirkungen
Mit vielfältigen Aktivitäten konnte das Vorhaben eine transparentere, effizientere und nachhaltigere Steuerung des Kulturerbes erreichen – eingebettet in eine multisektorale, partizipative Stadtentwicklung:
- Verbindung der Sanierung mit langfristigen, intensiven Trainings- und Bildungsmaßnahmen
- Ko-Finanzierungsprogramme mit Offenlegung von Baubudgets, Auswahlverfahren, Bewertungskriterien und Zeithorizonten
- Stadtentwicklungsinstrumente, bei deren Entwicklung gleichzeitig inhaltliche und organisatorische Fähigkeiten der Verwaltungsfachleute geschult wurden
Die Belebung des Sanierungsmarktes hat zur Neugründung von 20 Handwerksfirmen geführt. Die höher qualifizierten Handwerker und Baufirmen haben sich gut im Sanierungsmarkt etabliert. Dieser Markt wird durch die steigenden städtischen Ausgaben für Sanierung bedient. Eigentümer sind zunehmend bereit, in fachgerechte Sanierungsmaßnahmen zu investieren, auch wegen der höheren Qualifikation der Baufachleute. Die Zufriedenheit der Bewohner mit der Stadterneuerung ist seit Projektbeginn um 15 Prozent gestiegen. Ein neues Curriculum für das Tischler- und Restaurierungshandwerk ist in einer Berufsschule verankert und garantiert qualifizierten Nachwuchs.
Die Instrumente integrierter Stadtentwicklung und die damit einhergehende Beteiligung der Öffentlichkeit sind Teil der politischen Entscheidungswege geworden. Ressortübergreifende Abstimmung ist zunehmend im Verwaltungshandeln verankert, die Stadtverwaltung koordiniert ihre Maßnahmen mit maßgeblichen Akteuren. Die Stadtverwaltung von Lviv, vor allem leitende Angestellte, der Bürgermeister und die Vizebürgermeister, bekennt sich offen zur guten Regierungsführung, die explizit Bestandteil einer integrierten Stadtentwicklung ist. Partizipative Planungs- und Umsetzungsmodelle nehmen zu. Die Beschäftigten der Stadtverwaltung sehen sie als zielführend an; viele städtische Akteure fordern sie zunehmend ein. Der Bürgermeister für Stadtentwicklung unterstützt die auf Langfristigkeit angelegte Planung.
Die Zivilgesellschaft und immer mehr Bürger beteiligen sich an der Stadtentwicklungsdiskussion und den Planungen. Die landesweit anerkannte, erfolgreiche Stadtwerkstatt (Majsternja Mista) wurde vom Vorhaben an die Stadtverwaltung übergeben, die sie seit 2016 eigenständig durchführt. 50 Nichtregierungsorgansationen nehmen jährlich an der mehrwöchigen Veranstaltung teil. Sie gilt seit 2012 als offene Plattform für die Zusammenarbeit unterschiedlicher städtischer Akteure und erreicht jedes Mal rund 5.000 Besucher.
Weitere Städte haben Stadtentwicklungsinstrumente übernommen und umgesetzt, vor allem die Stadtwerkstatt, die Gestaltungsfibel, das integrierte Altstadkonzept und den Europäischen Denkmaltag.
Das nationale Ministerium für Regionalwesen und Bau, Wohnungs- und Kommunalwirtschaft behandelt Stadtentwicklungsfragen mittlerweile innerhalb des Reformschwerpunktes der Dezentralisierung.