„Die Bekämpfung von Hunger gelingt nur im globalen Schulterschluss“

Ralf Sanftenberg leitet die Abteilung für Ländliche Entwicklung und Agrarwirtschaft der GIZ. Im Interview erklärt er, wie internationale Zusammenarbeit dazu beiträgt, weltweit Ernährung zu sichern.

Am Welternährungstag schauen wir auf das UN-Nachhaltigkeitsziel “Kein Hunger”. Mit diesem hat sich die internationale Gemeinschaft vorgenommen, den Hunger auf der Welt zu beenden. Welchen Beitrag leistet die GIZ hierzu? 

Wir unterstützen eine nachhaltige Landwirtschaft weltweit, fördern den Schutz natürlicher Ressourcen und tragen dazu bei, dass sich Menschen gesünder ernähren. Durch unsere Arbeit haben wir bei insgesamt 2,9 Millionen Menschen Hunger und Mangelernährung gelindert. Die Herausforderungen lassen sich aber nicht alleine bewältigen, es braucht globale Allianzen und starke Partnerschaften. Wir arbeiten daher beispielsweise eng mit der Europäischen Union oder der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zusammen.  

Wo steht die Weltgemeinschaft heute bei der Erreichung des SDG2?  

Seit Verabschiedung der nachhaltigen Entwicklungsziele ist die Zahl der Hungernden zwar zunächst gesunken, danach stieg sie aber wieder an. Laut dem aktuellen Welthungerindex 2025, der unter anderem von der Welthungerhilfe herausgegeben wird, leiden aktuell 673 Millionen Menschen an Hunger. Zudem können sich fast 2,6 Milliarden Menschen weltweit keine gesunde Ernährung leisten.  

Wo liegen die konkreten Herausforderungen? 

Die Hauptursachen von Hunger sind Wirtschaftskrisen, Klimawandel und Konflikte. Diese sind eng mit der Frage nach einer sicheren Ernährung verzahnt. Landwirtschaft ist beispielsweise einer der wichtigsten Verursacher von Treibhausgasen und trägt massiv zum Klimawandel bei. Gleichzeitig bedroht der Klimawandel, etwa durch steigende Temperaturen, auch Landwirtschaft und damit Ernährungssicherheit. Das Problem von Hunger können wir deswegen nur lösen, wenn wir es im Zusammenspiel mit den Ursachen adressieren. Hierfür müssen wir ganzheitlich denken und sektorübergreifend arbeiten. 

Wie hängen Flucht und Hunger zusammen und wie verknüpft die GIZ beides in ihrer Arbeit? 

Konflikte sind ein wesentlicher Treiber von Hunger und zugleich eine der häufigsten Fluchtursachen. Umgekehrt lösen Hunger und knappe Nahrungsmittel aber auch Konflikte aus, und die führen wiederum zur Flucht. Die Probleme bedingen sich somit wechselseitig.  Wir unterstützen einerseits Menschen auf der Flucht, auch etwa bei einer sicheren Ernährung. Andererseits tragen wir dazu bei, Fluchtursachen zu mindern indem ländliche Entwicklung vorangetrieben wird. In den meisten unserer Partnerländer ist Landwirtschaft einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren. Indem wir in ressourcenschonenden und nachhaltigen Anbau investieren, sichern wir somit nicht nur Ernährung, sondern fördern auch Beschäftigung und Einkommen. Das schafft Perspektiven für die Menschen vor Ort.  

Welche Relevanz hat die Bekämpfung von Hunger weltweit für Deutschland? 

Viele Agrarrohstoffe, die wir in Deutschland nutzen, kommen über globale Lieferketten aus unseren Partnerländern nach Deutschland. wie Kaffee, Kakao oder Palmöl. Wir setzen uns für nachhaltige Lieferketten ein und tragen damit zu einer sicheren Versorgung in Deutschland bei. Zudem sorgt unsere Arbeit zur Ernährungssicherung und zur ländlichen Entwicklung für stabilere Lebensbedingungen in unseren Partnerländern. Das ist auch im Interesse Deutschlands und Europas. Klar ist, die Bekämpfung von Hunger wird nur im globalen Schulterschluss gelingen. 

Ralf Sanftenberg, Leiter der Abteilung für Ländliche Entwicklung und Agrarwirtschaft der GIZ

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