Die Textil- und Bekleidungsindustrie wird für einige afrikanische Länder ein immer wichtigerer Wirtschaftszweig. Aber wie können die Fabriken produktiver werden und gleichzeitig soziale Arbeitsplätze bieten?
Made in Morocco, Made in Ethiopia, Made in Kenya. Ein Blick auf das Etikett verrät nicht nur die Herkunft eines Kleidungsstücks, sondern steht indirekt auch für dessen Qualität und Produktionsbedingungen. Im internationalen Wettbewerb befinden sich afrikanische Länder vor allem in Konkurrenz zu asiatischen Zulieferern. Ghana hat zwar Erfahrung in der Textil- und Bekleidungsproduktion für den regionalen Markt, aber es fehlt an Exportwissen. Ziel der Bundesregierung ist es, den Textilsektor auszubauen, um vor Ort Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Zugleich soll von Anfang an die Einhaltung von Menschenrechten und internationalen Standards beachtet werden.
Im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft mit der Privatwirtschaft hat sich die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH mit vier internationalen Textilunternehmen zusammengeschlossen, um die industrielle Bekleidungsproduktion in Ghana wettbewerbsfähig zu gestalten und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dafür arbeiten die Partner mit Branchenverbänden, NGOs und Bildungsinstitutionen zusammen.
Produktionsbedingungen verbessern
Seit Januar 2019 unterstützt ein gemeinsames Projekt zwischen GIZ und privatwirtschaftlichen Unternehmen die wachsende Textilbranche Ghanas dabei, Bekleidungsfabriken für den Exportmarkt fit zu machen, und gleichzeitig die Einhaltung internationaler Standards voran zu bringen. Bis Juli 2022 sollen 1.200 sozialverträgliche Jobs in Ghana entstehen. Dafür kooperiert die GIZ mit der britischen Beschaffungsagentur Ethical Apparel Africa (EAA), dem deutschen Produzenten für industrielle Nähmaschinennadeln Groz-Beckert, dem US-amerikanischen Anbieter für Schnittmustertechnologie Gerber Technology sowie dem deutschen Technologieunternehmen Freudenberg, das unter anderem Vliesstoffe herstellt.
Das Projekt ist Teil des vom Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) beauftragten develoPPP-Programms, das unternehmerische Initiativen mit entwicklungspolitischem Nutzen fördert. Zusätzlich wird es von der Sonderinitiative Ausbildung und Beschäftigung unterstützt, die im Auftrag des BMZ unter der Marke „Invest for Jobs“ agiert und in ihren acht afrikanischen Partnerländern gemeinsam mit Unternehmen in gute Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie in die Verbesserung von Arbeitsbedingungen investiert.
Fit für den Export
Um Produzenten auf den Export vorzubereiten müssen mindestens drei Aspekte berücksichtigt werden: erstens die Qualität der Produkte, zweitens der Preis der Produkte und drittens die Einhaltung internationaler Standards. Das Projekt arbeitet mit einem Team von Branchenexperten in allen drei Komponenten.
Die Mitarbeiterqualifizierung ist für die beteiligten lokalen Bekleidungsfabrikanten besonders wichtig. In Ghana gibt es kaum Schulen, die auf eine qualifizierte, technische Tätigkeit in der Textil- und Bekleidungsindustrie vorbereiten. Das Projekt unterstützt den Aufbau eines neuen Schulungs- und Entwicklungsbereichs zur industriellen Bekleidungsproduktion in einer der größten Berufsschulen von Accra (Accra Technical Training Centre, ATTC). Ziel ist, Arbeitskräfte und Auszubildende für die Exportproduktion fit zu machen. Es werden Kurse in den Bereichen digitale Schnittmustererstellung und Nähmaschinenmechanik angeboten. Zudem bietet das ATTC mit Unterstützung der GIZ und ihrer Partner Fortbildungsmöglichkeiten für Fachkräfte auf der mittleren Managementebene an. Durchgeführt werden die Schulungen ausschließlich von Expert*innen aus Südasien, die zusätzlich zu ihrer technischen Kompetenz Produktionsexpertise in ihren Heimatländern Bangladesch, Indien und Sri Lanka aufgebaut haben. Die moderne Lernausstattung stammt von Gerber, Groz-Beckert und Freudenberg. Die Firmen stellen auch das Ausbildungspersonal für ihre Produkte.
Für die Einführung internationaler Standards in den Bekleidungsfabriken wird eine umfangreiche Bestandsaufnahme der umgesetzten Sozial- und Umweltstandards in den Partnerfabriken durchgeführt. Anhand mehrerer Indikatoren wird ermittelt in welchen Bereichen in der jeweiligen Fabrik nachgebessert werden muss, um internationalen Standards zu entsprechen und exportfähig zu werden. Nach dieser Untersuchung wird gemeinsam mit dem Management ein Plan erstellt um die Fabrik innerhalb von 14 Monaten auf eine Überprüfung und Zertifizierung nach dieses Standards vorzubereiten. Mit einem Mix aus Workshops, Fabrikbesuchen und ad-hoc Unterstützung werden die Personal- und Compliance-Manager der Fabriken geschult und bei der Umsetzung begleitet.
Stand: Juli 2021