08.08.2024
„Ohne die Unterstützung der GIZ hätten wir uns das nicht zugetraut.“
Christine Arlt rekrutiert Fachkräfte für Servicebetriebe des Nutzfahrzeugherstellers MAN. Baha Eddine Boukachata arbeitet dort als Mechatroniker. Im Interview berichten sie, wie die GIZ sie beruflich zusammengebracht hat.
Christine Arlt leitet den Bereich Human Resources Area & Development der MAN Truck & Bus Deutschland GmbH – eine Vertriebstochter des Nutzfahrzeugherstellers MAN. Sie ist dafür verantwortlich, passende Fachkräfte zu rekrutieren. Zu diesen Fachkräften gehört Baha Eddine Boukachata. Der Mechatroniker stammt aus Tunesien und arbeitet jetzt in Braunschweig in einem Servicebetrieb der MAN. Im Interview berichten beide von ihren Erfahrungen.
Frau Arlt, warum rekrutiert MAN Fachkräfte aus dem Ausland? Und warum gemeinsam mit der GIZ?
Wir bilden jedes Jahr sehr erfolgreich in all unseren Werkstätten Kfz-Mechatroniker*innen aus, dennoch können wir heute nicht mehr allein über diesen Weg oder über Rekrutierung auf dem deutschen und europäischen Markt den benötigten Fachkräftezuwachs sicherstellen. Deshalb haben wir uns darüber informiert, wie wir Fachkräfte aus dem außereuropäischen Ausland gewinnen können.
Dabei sind wir auf das Angebot der GIZ gestoßen. Uns war es wichtig, einen zuverlässigen Partner zu finden, mit dem wir als MAN zusammenarbeiten wollen. Die aufgezeigte Organisation und die Ziele des Projekts THAMM der GIZ haben uns direkt überzeugt.
Herr Boukachata, wie verlief ihr Weg von Tunesien nach Braunschweig?
Ich habe in Tunesien drei Jahre lang als Mechatroniker gearbeitet. Die Möglichkeit nach Deutschland zu kommen, hat mich sofort interessiert: Als Mechatroniker ist es sehr attraktiv, hier zu arbeiten. Die GIZ hat den Prozess sehr gut unterstützt. Ich habe noch in Tunesien einen Sprachkurs für das Level B1 absolviert und nach der Ankunft in Deutschland direkt mit dem Level B2 weitergemacht. Nun arbeite ich seit rund acht Monaten in Braunschweig als Lkw-Mechatroniker.
Frau Arlt, wie funktioniert die Rekrutierung in der Praxis?
Wir arbeiten seit Anfang 2023 mit der GIZ zusammen. Ende vergangenen Jahres sind die ersten acht Mechatroniker aus Tunesien nach Deutschland gekommen. Sie arbeiten nun in unseren Servicewerkstätten. Es ist wertvoll für uns, die GIZ als Ansprechpartner vor Ort zu haben. Sie vernetzt uns mit den richtigen Ansprechpersonen, wählt geeignete Fachkräfte aus, organisiert Sprachkurse und vermittelt interkulturelle Trainings. Außerdem unterstützt sie bei bürokratischen Schritten, wie dem Visumsverfahren und dem Anerkennungsprozess. Vor allem ist es uns wichtig, dass gute Sprachkenntnisse vorliegen, um ein gutes Ankommen in Deutschland zu erleichtern. Ohne die Unterstützung der GIZ hätten wir uns die Rekrutierung außerhalb von Europa nicht ohne Weiteres zugetraut.
Die Fachkräfte, die bei uns anfangen, bekommen außerdem umfangreiche Unterstützung durch unsere Mitarbeiter*innen: Jede Fachkraft erhält eine direkte Ansprechperson, die sie durch die erste Zeit begleitet. Ich habe selbst im Ausland gearbeitet und weiß, wie gut es tut und das „Ankommen“ erleichtert, wenn jemand da ist, der sich „kümmert“. Wir zeigen unseren Fachkräften, dass sie willkommen sind.
Herr Boukachata, wie erleben Sie die Arbeit und das Leben in Deutschland? Gibt es Unterschiede zu Tunesien?
In Tunesien habe ich Pkws repariert. Hier in Deutschland arbeite ich mit Lkws, lese Fehlermeldungen aus und repariere die Fahrzeuge anschließend. Bei der Arbeit gibt es keine großen Unterschiede. Meine Kolleg*innen haben mich sehr gut empfangen und mir bei der Einarbeitung geholfen. Ich wohne in einer Wohngemeinschaft. MAN hat mir bei der Suche nach einer Wohnung geholfen und mich bei allen damit verbundenen Themen unterstützt. Ich bin sehr glücklich in Deutschland und will bleiben und mir hier etwas aufbauen.
Frau Arlt, MAN Truck & Bus Deutschland GmbH hat kürzlich eine integrierte Entwicklungspartnerschaft mit der GIZ unterzeichnet. Was bedeutet das konkret?
Unsere Führungskräfte sind sehr zufrieden mit dieser Recruitinginitiative und haben bereits weitere Fachkräfte angefragt. Deshalb wollen wir die Partnerschaft mit der GIZ vertiefen und haben einen Kooperationsvertrag für die nächsten zweieinhalb Jahre unterschrieben. Wir haben das Ziel, in dieser Zeit insgesamt circa 50 Fachkräfte aus Nordafrika für unsere Servicebetriebe in Deutschland zu gewinnen. Im Rahmen der Partnerschaft planen wir zusätzliche Onlinetrainings anzubieten, die die Fachkräfte bereits in ihren Herkunftsländern durchlaufen können. Wir arbeiten gerade daran, dass vor oder nahe dem Arbeitsbeginn in Deutschland die neuen Kollegen ein dreiwöchiges technisches Intensivtraining durchlaufen können, um bestmöglich auf unseren Werkstattalltag vorbereitet zu sein. Für uns als Unternehmen ist das ein neuer Weg, aber wir sind davon überzeugt, dass es der richtige ist und treiben ihn deshalb mit voller Kraft voran.
Über das Programm
Aktuell sind in Deutschland fast zwei Millionen Fachkräftestellen unbesetzt. Viele Unternehmen versuchen deshalb, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Dazu gehört auch der Nutzfahrzeughersteller MAN. Seit 2023 arbeitet das Unternehmen mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH zusammen, um qualifiziertes Personal aus Nordafrika zu gewinnen. Die GIZ engagiert sich in Ägypten, Marokko und Tunesien, um eine faire und sichere Migration für interessierte Fachkräfte und Auszubildende zu erleichtern. Für die Vermittlung nach Deutschland kooperiert sie mit der Bundesagentur für Arbeit und Wirtschaftskammern und -verbänden. Der Auftrag für das Projekt THAMM Plus kommt vom Bundesentwicklungsministerium (BMZ), das Vorhaben wird zusätzlich finanziert von der Europäischen Union.