17.01.2022
„Unser Engagement für faire Löhne ist langfristig“
Der Bekleidungshersteller Brands Fashion hat in Zusammenarbeit mit der GIZ in Indien neueste Standards für faire Lieferketten umgesetzt. Im Interview berichtet Head of Sustainability Rabea Schafrick von den Erfahrungen.
Brands Fashion stellt Arbeitsbekleidung für Firmen her und ist das erste Unternehmen weltweit, das eine vollständige Lieferkette nach dem neuesten Textilstandard der Organisation Fairtrade zertifiziert hat.
Dafür muss die Firma anspruchsvolle Vorgaben in allen Produktionszweigen erfüllen: von der Faserproduktion über Spinnereien bis zur Konfektionierung. Unterstützt wurde Brands Fashion dabei durch das Programm develoPPP. Damit fördert die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) privatwirtschaftliche Geschäftsideen in Entwicklungs- und Schwellenländern, die den Menschen vor Ort langfristig nützen. Im Interview berichtet Rabea Schafrick, Head of Sustainability bei Brands Fashion, welche Hürden und Meilensteine beim Pilotprojekt in Indien auf dem Weg zu einer fairen Lieferkette zu bewältigen waren.
Frau Schafrick, was ist das Besondere an der neuen Zertifizierung? Warum hat sich Brands Fashion darum bemüht?
Bislang beschäftigt sich der Ansatz von Fairtrade bei Textilien in erster Linie mit den Bedingungen in der Baumwollproduktion. Es geht also darum, ob der Anbau biologische Standards erfüllt und die Bäuerinnen und Bauern einen Mindestpreis für die Baumwolle erhalten. Die Lieferketten gehen aber noch viel weiter. Genauso relevant sind die Bedingungen für Textilarbeiter*innen in den Fabriken. Neben Arbeitsschutz ist die gerechte Bezahlung hier ein zentrales Thema. Gemeinsam mit Fairtrade haben wir uns dem Thema existenzsichernde Löhne gewidmet. Diese gehen über gesetzliche Mindestlöhne hinaus und decken weitere Grundbedürfnisse der Arbeiter*innen und ihrer Familien ab. Dazu gehören etwa Ausgaben für Gesundheitsvorsorge, Bildung oder Transport. Definiert wurde der existenzsichernde Lohn von Fairtrade. Für rund 1.000 Textilarbeiter*innen in Indien haben wir uns dazu verpflichtet, das Lohnniveau entsprechend anzupassen und existenzsichernde Löhne zu zahlen.
Das klingt nach einem längerfristigen Prozess. Wie haben Sie die Umsetzung erlebt? Welche Herausforderungen gab es dabei?
Tatsächlich hat es ab Projektbeginn vier Jahre gedauert, bis wir im Oktober 2021 die ersten Bekleidungsprodukte auf den Markt gebracht haben, bei denen wirklich die gesamte Lieferkette zertifiziert war. An einigen Stellen haben wir Neuland betreten: In Spinnereien und Färbereien etwa haben die Audits von Fairtrade neue Standards festgelegt und diese geprüft. Auch die Zusammenarbeit mit den Fabriken war nicht immer einfach, da es schwierig ist, als eine von vielen Kundenfirmen höhere Löhne für die Arbeiter*innen durchzusetzen. Wir konnten damit überzeugen, dass unser Engagement für faire Löhne langfristig ausgerichtet ist: Die nun zertifizierten Standards bilden eine Grundlage, die wir in den nächsten sechs Jahren umsetzen und weiter verbessern werden.
Warum haben Sie bei dem Projekt mit öffentlichen Partnern zusammengearbeitet?
Ohne die finanzielle Förderung durch die GIZ und develoPPP hätten wir das Projekt nicht umsetzen können. Wir sind sehr froh, dass Fairtrade die GIZ von Anfang als Partner für das Projekt vorgeschlagen hat. Für uns hat sich die Partnerschaft bewährt: Wir arbeiten nun auch mit der GIZ und develoPPP in einem Projekt zur Baumwollproduktion in Indien zusammen. Dabei sind die Vorteile klar: Wir haben einen Partner, der die Bedingungen vor Ort kennt und uns dabei hilft, passende Lösungen zu finden.
Wie kommt Ihre neue zertifizierte Kleidung in der Praxis an?
Die Resonanz ist sehr positiv. Erster Kunde für die neuen Produkte war der VfB Stuttgart, für den wir Fan-Artikel in der zertifizierten Lieferkette hergestellt haben. Weitere Kunden haben sich gemeldet und ebenfalls Interesse an der neuen Zertifizierung bekundet. Wir merken, dass das Thema die Firmen beschäftigt, und wollen nun weitere Textillieferketten zertifizieren.