Kolumbien, eines der artenreichsten Länder der Welt, beherbergt vielfältige Ökosysteme. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH setzt sich für ihren Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung des kolumbianischen Amazonas ein.
Der Amazonas-Regenwald, die Anden, Küstenzonen zum pazifischen und atlantischen Ozean, ausgedehnte Flusslandschaften: Kolumbien bietet viele Nährböden für Biodiversität. Die größte Artenvielfalt gibt es vor allem in den Waldgebieten, die etwa 52 Prozent des Landes ausmachen. Doch jahrzehntelange Konflikte haben viele Waldgebiete unzugänglich gemacht. Seit dem Friedensabkommen 2016 führen zwar wieder viele Wege in den Wald, doch dies begünstigt auch die unkontrollierte Abholzung. Die extensive Rinderhaltung in den Regionen Meta und Caquetá in der Mitte Kolumbiens beansprucht über 65 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen und ist der Hauptgrund für die Entwaldung. Dies hat negative Folgen für die Artenvielfalt, Umwelt und Treibhausgasemissionen.
Nachhaltige und entwaldungsfreie Rinderzucht
Um dem entgegenzuwirken, setzt sich die GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für eine nachhaltige und entwaldungsfreie Rinderzucht ein. Dafür arbeiten wir mit 580 Rinderzuchtfamilien und 13 Milchvieh-Unternehmen zusammen. Kleinbäuerinnen und Kleinbauern lernen, wie sie den Wald und seine Ökosysteme schützen, das Wohlergehen ihrer Tiere verbessern und gleichzeitig ihre Produktivität steigern. Den Rindern von Kleinbäuerin Liliana Casas geht es nicht nur besser, sie schützt durchs Rotieren und Aufteilen der Weiden ebenfalls knapp werdende Wasserressourcen. „Durch die vermittelten Techniken haben wir die Milchproduktion von 26 Litern auf 40 Liter pro Tag erhöht und unser Einkommen verbessert”, erklärt sie. Landwirtschaftliche Institutionen wie FEDEGAN, Uniamazonia und das Caquetá Cattle Ranchers' Committee arbeiten so erfolgreich zusammen, dass 11.000 Hektar Naturwald auf 242 Rinderzuchtbetrieben erhalten bleiben. Insgesamt 822 Rinderzuchtfamilien profitieren von den Trainings zur entwaldungsfreien Rinderhaltung und nachhaltigen Geschäftsmodellen. Sie steigern ihre Produktivität und verkaufen ihre Produkte zu besseren Preisen.
Vom Kokaanbau zum Nusschampion: Die Erfolgsgeschichte der Cacay-Nuss
Auch in der Forstwirtschaft unterstützt die GIZ Ansätze, um bei der Bewirtschaftung des Regenwaldes die Biodiversität zu erhalten. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) stärkt die GIZ Wertschöpfungsketten und Dienstleistungen aus umweltfreundlicher Waldbewirtschaftung. Sie fördert Produkte wie Cacay- und Laranja-Nüsse, Acaí, Copoazú, Honig und den Tourismus, um das Einkommen der Menschen, die vom Wald leben, zu erhöhen und zu diversifizieren.
Bis Ende der 1990er Jahre kam das Haupteinkommen der Gemeinde Miraflores im Departamento Guaviare aus dem Kokaanbau. Die Cacay-Nuss diente hauptsächlich der Ernährung der lokalen und indigenen Bevölkerung sowie als Futter für die Wildtiere des Amazonas. Inzwischen bildet die – übrigens nicht angebaute, sondern wild gesammelte – Cacay-Nuss sichere Einkommen und eine echte Alternative zum Kokaanbau. Der Regenwald als Heimat der Nuss ist damit vor unkontrollierter Rodung sicher. Die Cacay-Bäume nehmen große Mengen an CO2 auf, wovon wiederum die Umwelt profitiert. Cacay-Bäume werden bis zu 40 Meter hoch und produzieren pro Jahr circa 80 Kilogramm Nüsse. Indigene Gemeinschaften nutzen das aus den Nüssen hergestellte Öl als Heilpflanze. Weltweit ist das Cacay-Öl ein gefragtes Antiaging-Mittel und vermehrt in Hautpflegeprodukten zu finden. Ein einzelner ausgewachsener Cacay-Baum konnte in diesem Jahr bis zu 1,2 Millionen Pesos einbringen – mehr als die Rinderzucht. Ein Cacay-Baum kann in einem guten Erntejahr so viel Einkommen generieren wie 1 Hektar Weide mit Rindern nach traditioneller Haltungsform. 45 Familien wurden bereits in bewährten Erntemethoden geschult und konnten mit der Cacay-Ernte ihr Einkommen um durchschnittlich acht Prozent steigern.
Cacay-Öl – Das flüssige Gold des Amazonas
Im Jahr 2017 entschloss sich das kolumbianische Familienunternehmen CaryO zu einem mutigen Schritt: Die Weideflächen ihrer Farm wurden gegen Cacay-Wälder eingetauscht. Seitdem haben sie über 13.000 Cacay-Bäume gepflanzt und nutzen die Cacay-Nüsse zur Produktion von Cacay-Öl. Das Unternehmen arbeitet eng mit Bäuerinnen und Bauern und indigenen Gemeinschaften im Amazonas zusammen, um zu gewährleisten, dass diese vom Sammeln wilder Cacay-Nüsse leben können. Durch die Kooperation mit der GIZ erschloss das Unternehmen auch den europäischen Markt: „Die internationale Vermarktung von Cacay-Öl ist wichtig, denn so können wir unser Projekt weiter ausbauen und erzielen höhere Einnahmen, die sich in besseren Einkaufspreisen für Cacay-Nüsse bei den Bäuerinnen und Bauern niederschlagen“, erklärt Camilo Bueno, Geschäftsführer von CaryO.
Die beiden Projekte zeigen, wie Umweltschutz und der Erhalt wirtschaftlicher Lebensgrundlagen Hand in Hand gehen. Die GIZ unterstützt Kolumbien dabei, die einzigartige Artenvielfalt des Landes zu schützen und die Waldbewirtschaftung und Wertschöpfungsketten nachhaltig und inklusiv zu stärken. Im vergangenen Jahr profitierten fast 36.000 Menschen von Trainings und Aktivitäten der GIZ und ihrer Partner in Kolumbien.
Stand: Oktober 2024