Ein Büffel steht in buschiger Vegetation. Ein Büffel steht in buschiger Vegetation.

Klima, Umwelt, Management natürlicher Ressourcen: Vor der Pandemie ist jetzt

Die GIZ sucht in Benin nach unbekannten Krankheitserregern. So kommt sie Ausbrüchen zuvor und rettet Menschenleben.

© Johannes Keil
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Vor der Pandemie ist jetzt

Viren aufspüren, bevor sie gefährlich werden. Dafür bündeln Gesundheitsministerium Benin, GIZ und Charité Berlin ihre Kräfte. Nationale Gesundheitsvorsorge und globale Pandemieprävention greifen hier ineinander. Denn: Die Gefahr für tödliche Krankheiten aus dem Tierreich steigt, weil der Mensch natürliche Lebensräume zerstört.

Es ist drückend heiß, es riecht nach Obst und Verwesung. Die mögliche Gefahr, die von den Produkten auf einem Voodoo-Wildtiermarkt in Benin ausgeht, lässt sich weder riechen noch mit dem bloßen Auge erkennen. Deshalb ist Michael Nagel hier – auf der Suche nach unbekannten Viren. „Noch niemand hat hier untersucht, welche Krankheitserreger in den Tieren sind und wie viele“, sagt der Mikrobiologe von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, „weil keiner Zugang zu diesen Märkten hatte.“ Diesen Zugang hat der beninische Gesundheitsminister persönlich geschaffen.

Es ist nicht vorauszusagen, wann und wo die nächste Pandemie ausbricht. Klar ist aber: Die größte Gefahr geht von Erregern aus, die von Tieren auf Menschen überspringen und Infektionskrankheiten auslösen – sogenannte Zoonosen. Fast drei Viertel aller neu auftretenden Infektionskrankheiten haben ihren Ursprung in Tieren. COVID-19, AIDS, Zika, Vogelgrippe, Hanta, Mpox, Borna oder Tollwut sind Beispiele. Doch die Tiere sind nicht die Wurzel des Übels. Sondern: Die Wahrscheinlichkeit für Zoonosen steigt, weil Menschen natürliche Lebensräume zerstören und Wildtiere – oft auf nicht nachhaltige Weise – jagen oder fangen. Damit wird die Balance von Ökosystemen gestört.

Lebensräume schrumpfen, Krankheiten nehmen zu

Beispielsweise verschwinden Fressfeinde von typischen Krankheitsüberträgern wie Zecken oder Mücken, aber auch Nagetieren. Zudem zeigen Studien, dass Ebola-Ausbrüche in Afrika häufiger in frisch entwaldeten Gebieten vorkommen. Die um ihre Bäume gebrachten Fledermäuse weichen auf die näher rückenden Siedlungen, Farmen und Felder aus und kommen dort als Ebola-Überträger stärker mit Menschen in Kontakt. Doch die Tiere deshalb zu töten wäre ungerechtfertigt und fatal. Im Gegenteil: Fledermäuse verbreiten Samen, bestäuben und fressen Schädlinge. Wo sie fehlen, müssen Landwirte gesundheitsschädliche Pestizide einsetzen. Das hat Folgen bis hin zu erhöhter Kindersterblichkeit.

Drei Fruchtfledermäuse hängen in einem Baum.

© iStock.com/Nadine Wagner

Die Artenvielfalt zu bewahren ist der beste Schutz für die menschliche Gesundheit. Dazu trägt auch die Internationale Allianz gegen Gesundheitsrisiken im Wildtierhandel bei. Sie arbeitet unter Leitung von Michael Nagel und im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums weltweit daran, Menschen beim Handel mit Wildtieren und ihrem Konsum vor gefährlichen Erregern zu schützen. Unter anderem klärt sie Regierungen und lokale Gemeinschaften auf, berät bei grenzüberschreitenden Abkommen und unterstützt nationale und internationale Richtlinien für eine bessere Regulierung. Ein sicherer und nachhaltiger Umgang mit Wildtieren kommt der Gesundheit und dem Erhalt der Biodiversität zugute.

Doch sind Ökosysteme vielfach bereits aus dem Gleichgewicht. Daher steigt die Gefahr, dass für Tiere oft unschädliche Viren in menschliche Körper gelangen und dort zu Auslösern tödlicher Krankheiten werden. Die Kooperation in Benin öffnet der globalen Pandemievorbeugung eine wichtige Tür. Benjamin Hounkpatin, der Gesundheitsminister Benins, erklärt: „Nur wer Erreger genau kennt, kann effiziente Maßnahmen gegen ihre Ausbreitung ergreifen, Impfstoffe entwickeln und so Menschenleben retten.“

Einmalige Gelegenheit, um unbekannte Viren zu finden

Das nationale Referenzlabor Benins identifiziert bekannte Erreger und schützt die Bevölkerung so etwa vor regional verbreiteten Fiebererkrankungen. Die GIZ hat es in den vergangenen Jahren mit aufgebaut. Damit das Labor künftig auch in der Lage ist, neuartige Erreger zu finden, wandte sich Hounkpatin erneut an die GIZ. „Eine einmalige Gelegenheit“, sagt Nagel. Für die ressourcen- und wissensintensive Virensuche organisiert er eine Partnerschaft mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin. „Der Zugang zu den Wildtiermärkten in Benin ermöglicht es uns, Viren zu identifizieren, die unerkannt in Tieren leben. Und zwar in solchen, die durch Jagd, Handel und Konsum häufig mit Menschen in Kontakt kommen.“

Zwei Labormitarbeitende prüfen eine Probe in einem luftdicht abgeschlossenen Untersuchungskasten.

© GIZ/ Michael Nagel

Hochrechnungen zufolge gibt es Hundertausende unbekannte Viren in wildlebenden Säugetieren und Vögeln, die das Potenzial haben Menschen zu infizieren. Es gilt, diejenigen zu finden, die beim Menschen in Zukunft Krankheiten auslösen könnten. Anhand von Ähnlichkeiten mit und Unterschieden zu bekannten Krankheitsauslösern können die Wissenschaftler aus Benin und Deutschland bei ihren Laboranalysen darauf schließen, welche Viren bedrohlich werden könnten.

Ihre Erkenntnisse lassen sich auf andere Viren aus aller Welt übertragen. „Wir müssen Viren, die für Menschen gefährlich werden können, entdecken, bevor es zu Übertragungen kommt“, sagt Nagel. „Das ist für die globale Gemeinschaft um ein Vielfaches günstiger, als auf einen Krankheitsausbruch zu reagieren.“

Stand: Oktober 2024

Projekt

Ein Affe in einem Baum.

Gesundheitsrisiken im Wildtierhandel reduzieren

Meldung

Ein Schuppentier

Interview: Was hat der Schutz von Wildtieren mit menschlicher Gesundheit zu tun?

Unsere Referenzen

Cacay-Nuss-Farmer vor einer Nusssammlungsstation.

Kolumbien – Die Schatzkammer der Biodiversität