Eine Gruppe von Kindern streckt die Hände nach oben, alle lachen in die Kamera. Zwei Männer mit weißen Bauhelmen halten eine Karte in der Hand, einer zeigt auf drei Windräder im Hintergrund.

Staat und Demokratie: Im Einsatz für die unsichtbaren Opfer eines zerbrochenen Staates

Kinderschutz unter besonderen Herausforderungen: Wie regierungsfernes Arbeiten in Burkina Faso funktioniert.

© GIZ/N. Seiler
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Im Einsatz für die unsichtbaren Opfer eines zerbrochenen Staates

Wie schützt man Kinder, wenn der Staat das nicht mehr leisten kann?  Gemeinsam mit Hilfsorganisationen und Provinzbehörden schafft die GIZ in Burkina Faso Strukturen, um Minderjährige besser vor Gewalt und Ausbeutung zu bewahren. Ein Einsatz mit Herausforderungen.

Terroristische Gruppen beherrschen in Burkina Faso zahlreiche Regionen - so auch Natiaboani im Osten des Landes. Nundjoa, ein Familienvater, flieht mit Frau und Kindern aus seinem Heimatort ins 45 Kilometer entfernte Fada. Um seine Familie über Wasser zu halten, nimmt er jeden erdenklichen Job an. Eines Tages entdeckt er, dass seine dreizehnjährige Tochter Bouama die wenigen Lebensmittelvorräte der Familie heimlich und unter Wert an Fremde weiterverkauft. Jetzt eskaliert die angespannte Lage. Nundjoa, außer sich vor Enttäuschung und Verzweiflung, will Bouama umbringen. Dass er dafür ins Gefängnis kommt, ist ihm egal. 

Funktionierende Strukturen gegen Kinderarbeit, Zwangsheirat, Vergewaltigung 

Der Fall zeigt eine gar nicht untypische Gewaltspirale gegenüber einem Kind in einer Flucht- und Krisensituation. Wenn eine Gesellschaft zerbricht, werden Minderjährige überproportional häufig Opfer von Gewalt. Burkina Faso war schon vor den zwei Militärputschen von 2022 eines der ärmsten Länder der Welt. Hier werden mehr Kinder in Goldminen und auf Baumwollplantagen ausgebeutet, ist die Quote von Jugendschwangerschaften höher, gibt es mehr weibliche Genitalverstümmelung als anderorts. Jetzt sind über eine Million Kinder auf der Flucht. Der Kinderhandel nimmt zu. Terroristen rekrutieren Mädchen und Jungen als Soldat*innen. Der Staat ist für junge Menschen kaum noch da. 

Dennoch sind in ihrer Not nicht alle allein. Im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums hat die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in 18 Orten im Land funktionierende Kinderschutzeinheiten aufgebaut, zusammen mit lokalen und internationalen Partnern. 90 Mitglieder dieser Einheiten wurden ausgebildet, Gewalt gegen Kinder zu erkennen und Fälle entweder direkt zu deeskalieren oder an die kommunalen Behörden zu übergeben. Auch angesehene Vertreter*innen der Gemeinden gehören dazu - Imame etwa oder Schulleiter*innen, mit dem Ohr nah an den Menschen. 24 komplexe Fälle von Gewalt konnten diese Einheiten bislang identifizieren und behandeln, darunter häusliche Gewalt, schwere Kinderarbeit, Zwangsheirat und Vergewaltigung. Die Einheiten arbeiten auch präventiv und sensibilisierten mehr als 10.000 Erwachsene, Jugendliche und Kinder, zeigten Lösungswege auf und informierten über Kinderrechte.  

Das Mädchen Bouama, eingewickelt in einen gelben Schal, sitzt auf einem Baumstamm und schaut traurig in die Kamera.

© GIZ

Funktionierende Strukturen gegen Kinderarbeit, Zwangsheirat, Vergewaltigung

Der Fall zeigt eine gar nicht untypische Gewaltspirale gegenüber einem Kind in einer Flucht- und Krisensituation. Wenn eine Gesellschaft zerbricht, werden Minderjährige überproportional häufig Opfer von Gewalt. Burkina Faso war schon vor den zwei Militärputschen von 2022 eines der ärmsten Länder der Welt. Hier werden mehr Kinder in Goldminen und auf Baumwollplantagen ausgebeutet, ist die Quote von Jugendschwangerschaften höher, gibt es mehr weibliche Genitalverstümmelung als anderorts. Jetzt sind über eine Million Kinder auf der Flucht. Der Kinderhandel nimmt zu. Terroristen rekrutieren Mädchen und Jungen als Soldat*innen. Der Staat ist für junge Menschen kaum noch da. 

Dennoch sind in ihrer Not nicht alle allein. Im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums hat die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in 18 Orten im Land funktionierende Kinderschutzeinheiten aufgebaut, zusammen mit lokalen und internationalen Partnern. 90 Mitglieder dieser Einheiten wurden ausgebildet, Gewalt gegen Kinder zu erkennen und Fälle entweder direkt zu deeskalieren oder an die kommunalen Behörden zu übergeben. Auch angesehene Vertreter*innen der Gemeinden gehören dazu - Imame etwa oder Schulleiter*innen, mit dem Ohr nah an den Menschen. 24 komplexe Fälle von Gewalt konnten diese Einheiten bislang identifizieren und behandeln, darunter häusliche Gewalt, schwere Kinderarbeit, Zwangsheirat und Vergewaltigung. Die Einheiten arbeiten auch präventiv und sensibilisierten mehr als 10.000 Erwachsene, Jugendliche und Kinder, zeigten Lösungswege auf und informierten über Kinderrechte.

In Krisenzeiten am besten dezentral 

Der Imam Ouedraogo Saïdou sitzt einer Kinderschutzeinheit im Ort Limanya im Südwesten des Landes vor: „Bei uns hat sich dadurch vieles zum Guten verändert“, berichtet er. „Wir konnten zahlreiche auf der Flucht verloren gegangene Kinder mit ihren Familien zusammenführen.” In beiden Provinzen, in denen das Projekt aktiv ist, steigen zudem neuerdings wieder die Schüler*innenzahlen. 

Das Mädchen Bouama, eingehüllt in ein gelbes Tuch, sitzt auf einem Baumstamm und schaut traurig in die Kamera.

Mathias Gritzka leitet das Kinderschutzprojekt für die GIZ. „In einer Lage wie dieser sind dezentrale staatliche, aber auch zivilgesellschaftliche Strukturen für den Schutz von Kindern wichtiger denn je“, erläutert er. Die Kinderschutzeinheiten arbeiten inzwischen eng mit den Sozialdiensten auf Orts- und Provinzebene zusammen und diese wiederum mit Polizei, Gendarmerie und Justiz, wo das möglich ist.

Im Fall von Nundjoa verhinderten diese Strukturen rechtzeitig eine Tragödie. Als Nachbarn angesichts des ausgerasteten Vaters die Kinderschutzeinheit alarmierten, informierte diese sofort den örtlichen Sozialdienst. Dessen Mitarbeiter machten Nundjoa klar, wie zerstörerisch die Gewalt gegen sein Kind ist. Sie schlichteten den Streit und organisierten Nahrungsmittel und etwas Geld, um die Existenznot der Familie zu lindern. 

Eine Gruppe von Jugendlichen in Basketballoutfits sitzt auf dem Boden, ein Trainer spricht mit ihnen.

© GIZ/S4D

Regierungsfernes Arbeiten: herausfordernd, gefährlich, engagiert 

Angestoßen hat die GIZ das Projekt noch zu Zeiten der Demokratie. Aktuell führt sie es „regierungsfern“ weiter. Die zuständigen burkinischen Ministerien sind zwar informiert, die GIZ arbeitet aber ausschließlich mit Kommunal- und Provinzbehörden sowie Nichtregierungsorganisationen wie Terre des Hommes und Save the Children zusammen. 

Gemeinsam verbessern die Partner derzeit die Ausbildung von Sozialarbeitsstudent*innen, stärken die Teilhabe in Planungsprozessen zum Kinderschutz aus, bilden in Schulen Multiplikator*innen zum sicheren Gebrauch des Internets aus und nutzen Sport für Entwicklung, um Kindern Perspektiven zu geben.

Weitere Informationen

Projekt

Viele Kinder in Sportkleidung haben sich für ein Gruppenbild versammelt.

Geschlechtergerechtigkeit und Kinderrechte in Burkina Faso fördern

akzente

Ein Mann pflügt ein Feld mit einem Ochsen, der kräftig vor ihm zieht und die Erde auflockert.

Armut weltweit: Wie ungerecht ist die Welt?

akzente

 Zwei junge Jungen sitzen an Schreibtischen in einem Klassenzimmer und konzentrieren sich auf ihre Aufgaben.

Ziemlich beste Freunde