Reifenhersteller Continental und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH machen in einem Projekt in Indonesien die Kautschuklieferkette digital rückverfolgbar. Ein Gewinn für drei: Kleinbäuerinnen und Kleinbauern erzielen höhere Preise. Continental kann Transparenz in der Lieferkette sicherstellen. Und in Indonesien bleiben wertvolle Wald- und Torfgebiete erhalten.
Tugiman saß noch nie auf einem Mountainbike. Er weiß aber, worum es geht bei dem schnellen Extremsport: Mit voller Geschwindigkeit den Berg hinab, über Wurzeln und Felsen, mit waghalsigen Sprüngen, spritzenden Steinen und jeder Menge Schlamm.
Tugiman ist Bauer in Indonesien, im Distrikt Kapuas Hulu auf Borneo. Man könnte sagen: Dass es Mountainbike-Reifen geben kann, liegt auch an ihm. Er erntet den für die Gummiherstellung wichtigen Rohkautschuk und verkauft ihn an den Verarbeiter. Dieser beliefert damit Continental, und der Reifenhersteller nutzt das Material für die Mountainbike-Reifenserie „Gravity“.
Rückverfolgbare Kautschuk-Lieferkette
Der Distrikt Kapuas Hulu mit seinem Sentarum-Nationalpark ist ein riesiges Biosphärenreservat – bekannt für seine hohe Artenvielfalt, den wertvollen Regenwald und kohlenstoffreiche Torfböden. Doch das Gebiet ist bedroht. Die Erträge je Fläche aus dem Anbau von Naturkautschuk, Öl, Kaffee oder Pfeffer sind gering. Um das Einkommen zu steigern, weiten manche Bäuerinnen und Bauern ihre Anbauflächen aus – auf Kosten des Waldes.
Tugiman hat keinen Wald abgeholzt, um Naturkautschuk anzubauen. Und zwar nachweislich. Seine Flächen sind ebenso wie die von weiteren rund 5.500 Bäuerinnen und Bauern vollständig in einer App kartografiert. Das System erfasst seine Rohkautschuk-Lieferungen bei jedem Kauf – und kontrolliert dabei, ob die gelieferte Menge in Bezug zur Produktionsfläche plausibel ist. Continental und die GIZ können so nachvollziehen, dass für den aus dem Projekt stammenden Naturkautschuk kein Regenwald gerodet wurde. Das verhindert, dass Kautschuk aus nichtregistrierten, beispielsweise illegal abgeholzten Flächen in die Lieferkette gelangt.
Eine digital rückverfolgbare Kautschuk-Lieferkette – daran arbeiten Continental und die GIZ bereits seit 2018 im Rahmen der vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderten Kooperation. Inzwischen ist das Projekt stark gewachsen: Zunächst als kleines Pilotprojekt gestartet, wurden inzwischen über 4.500 Kleinbäuerinnen und -bauern darin ausgebildet, qualitativ hochwertigen Kautschuk unter Einhaltung klar definierter Nachhaltigkeitskriterien anzubauen.
Ein Gewinn für drei
Projektmitarbeiterinnen und Projektmitarbeiter zeigten den Kleinbäuerinnen und -bauern zum Beispiel, in welchem Winkel sie die Baumrinde anschneiden müssen, um möglichst viel von dem Naturkautschuk-Saft aufzufangen. Anstelle von Kokosnussschalen als Auffanggefäße nutzen die Bäuerinnen und Bauern jetzt Bambusrohre, die weniger offene Einfallsfläche für Schmutz und Sand bieten. Das zahlt sich aus: Nicht nur ernten und verkaufen die Bäuerinnen und Bauern mehr. Mit dem reineren und trockeneren Kautschuk können sie auch höhere Preise erzielen. 90 Prozent der Bäuerinnen und Bauern geben an, ihren Ertrag durch das Projekt gesteigert zu haben.
Continentals Ziel ist, ab 2030 den gesamten Bedarf an Naturkautschuk ausschließlich aus verantwortlicher Beschaffung zu decken. Das gemeinsame Projekt mit der GIZ ist für Continental dabei ein wichtiger Schritt. Während das Projekt zur Existenzsicherung vieler kleinbäuerlicher Betriebe beiträgt, wird in Indonesien der Entwaldung vorgebeugt. Ein Gewinn für drei.
Stand: Juli 2024