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13.09.2021

„Südafrika kann eine wichtige Rolle für die lokale Impfstoffproduktion spielen“

Chancen und Herausforderungen in der Corona-Pandemie in Südafrika. Drei Fragen an Martin Weiß, Landesdirektor der GIZ in Südafrika/Lesotho.

In der akuten Bekämpfung der Corona-Pandemie spielt die internationale COVAX-Initiative (COVID-19 Vaccines Global Access) zur gerechten weltweiten Verteilung von Impfstoffen eine wichtige Rolle. COVAX wird auch von der Bundesregierung und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH unterstützt. Die Auslieferung erster Impfstoffe nach Afrika hat im Februar 2021 begonnen. Bis Ende August sind 143 Millionen Dosen dorthin geliefert worden. Insgesamt wurden dadurch 39 Millionen Menschen auf dem afrikanischen Kontinent vollständig immunisiert. Das entspricht etwa 3 Prozent der Gesamtbevölkerung aller afrikanischer Länder. Wenn die Lieferungen im September wie zugesagt kommen, stehen ausreichend Impfstoffe für rund 10 Prozent der Bevölkerung zur Verfügung – eines der selbstgesteckten Ziele der Initiative.

COVAX liefert auch Impfdosen nach Afrika, allerdings reichen diese bislang nur für einen Bruchteil der Bevölkerung. In Südafrika soll daher selbst als Produktionsstandort für Impfstoffe aufgebaut werden. Welche Rolle kann die deutsche Entwicklungszusammenarbeit und damit auch die GIZ spielen?

Südafrika hat vielversprechende Voraussetzungen und könnte eine wichtige Rolle bei der Produktion von Impfstoffen für die Region und für den afrikanischen Kontinent spielen. Wir haben langjährige Erfahrung im Gesundheitssektor in Südafrika, traditionell mit Beiträgen zum Kampf gegen HIV/AIDS. Impfstoffe werden bereits seit Jahren produziert. Mit unserer Unterstützung werden beispielsweise deutsche Fachkräfte an den südafrikanischen Impfstoffproduzenten Biovac vermittelt. Gemeinsam mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) prüfen wir jetzt, wie die deutsche Entwicklungszusammenarbeit das Land in den nächsten Jahren beim weiteren Ausbau einer Impfstoffproduktion unterstützen kann. Diese erfordert fachliches Knowhow, lokale Expertise und Kooperationen mit diversen Partnern – von der Privatwirtschaft über Universitäten bis hin zu Regulierungsbehörden. Hier können wir als GIZ mit unseren Erfahrungen, Netzwerken und Instrumenten wesentlich beitragen.

Einige afrikanische Länder haben – u.a. aufgrund großer Bedenken der Bevölkerung – Schwierigkeiten die wenigen verfügbaren Impfdosen zu verimpfen. Welche Vorbehalte gibt es in Südafrika – und wie gehen Sie damit um?

Bedenken gegen Impfstoffe sind ein globales Phänomen: Mit Gerüchten, Fehlinformationen und schlichtweg Verunsicherung der Bevölkerung haben wir in Südafrika wie auch in Deutschland zu kämpfen. Umfragen zufolge scheint die Impfskepsis in Südafrika aber tatsächlich höher als im globalen Durchschnitt. Die Menschen haben Ängste vor möglichen Nebenwirkungen und zweifeln an der Effektivität von Impfungen. Berichte, vor allem in den sozialen Medien, die hier im Land eine sehr große Rolle spielen, tragen leider zu dieser großen Skepsis bei. Hier ist eine klare und transparente Kommunikation zu den wissenschaftlichen und politischen Begründungen der Impfstrategie wesentlich. Gleichzeitig ist Südafrika ein sehr vielfältiges Land: Um verschiedene Bevölkerungsgruppen zu erreichen, wird es daher auch verschiedene Kommunikationsstrategien brauchen. Darüber hinaus ist es wichtig, diejenigen, die sich impfen lassen wollen, möglichst einfach und effektiv beim Impfprozess zu begleiten. Bei diesen Schritten unterstützen wir die südafrikanische Regierung im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ).

Beim Impfgipfel der Afrikanischen Union im April haben die afrikanischen Staaten ihr Ziel formuliert, eigene Impfproduktionskapazitäten aufzubauen und bis 2040 60 Prozent des afrikanischen Impfstoffbedarfs auf dem Kontinent zu produzieren. Was bedeutet eine eigene Impfstoffproduktion in Südafrika für das Land und den Kontinent – auch nach der Covid-19-Pandemie?

Zurzeit wird nur ein Prozent der in Afrika verwendeten Impfstoffe auf dem Kontinent produziert. Dabei macht Afrika ein Viertel des Weltmarkts für Impfstoffe aus. Die aktuelle Pandemie hat auf dramatische Weise gezeigt, wie abhängig afrikanische Länder von internationalen Lieferketten sind.

Das Ziel der Afrikanischen Union, 60 Prozent des Impfbedarfs selbst zu produzieren, ist daher strategisch sinnvoll, aber auch sehr ambitioniert. Die Impfstoffproduktion ist anspruchsvoll: Ein effektiver Technologie-Transfer und gut ausgebildetes Personal sind zentrale Voraussetzungen. Die finanziellen Risiken für die Investoren sind auch nicht zu unterschätzen. Hier sind internationale Partnerschaften, bei denen Politik, Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft und Wissenschaft kooperieren, ein wichtiger Ansatz. Eine erfolgreiche regionale und pan-afrikanische Koordination ist ebenso essenziell, um die Nachfrage zu sichern und im globalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Daher wird internationale Unterstützung für die afrikanische Produktion benötigt.

Mit stärkeren eigenen Produktionskapazitäten könnte Afrika sich bei der nächsten Pandemie schneller und besser mit Impfstoffen versorgen. Dies betrifft natürlich nicht nur die Versorgung mit Covid-Vakzinen. Auch für andere Impfprogramme, die teilweise schon lange in Südafrika etabliert sind und umgesetzt werden, bedeutet das Bekenntnis zur lokalen Produktion mehr Planungssicherheit und stärkt natürlich auch die Wirtschaft.

Interview: Martin Weiß, Landesdirektor der GIZ in Südafrika/Lesotho

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