Bart Leijssenaar hat sich in den vergangenen Jahren viel mit Krieg und Frieden im Jemen auseinandergesetzt. Zusammen mit einem Team aus jemenitischen und niederländischen Entwicklern entwirft der Projektmanager im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Computerspiele. Arabia Felix heißen diese Spiele und sie drehen sich um Helden, die eine herausfordernde Mission haben: Sie sollen Frieden schaffen. Leijssenaar erzählt, wie sein Projekt die Digitalisierung nutzt, um Konfliktlösung zu trainieren.
Bart, was sind das für Spiele, die Sie und Ihr Team entwickelt haben?
Unser internationales Team hat vier Spiele für Jugendliche im Jemen entwickelt, mit denen sie sich auf eine abenteuerliche Reise von Konflikten begeben. Sie werden alle unter dem Brand-Namen „Arabia Felix“ promotet. Das ist der lateinische Name des alten Jemen, der sowohl 'fruchtbar' bedeutet als auch 'glücklich und gesegnet'. Zwei unserer Spiele richten sich an eine jüngere Gruppe, nämlich die der 12- bis 18-Jährigen. Das sind die Spiele-Apps Eduo Run! und Eduo Quest. Und dann haben wir die beiden Apps Die Geheimnisse von Arabia Felix I und II. Sie haben wir für junge Menschen zwischen 15 und 35 Jahren entwickelt.
Was wollen Sie mit den Spielen vermitteln?
Es geht darum, Frieden zu schaffen und Konflikte zu lösen – und zwar in jedem Spiel auf eine andere Weise. Die Eduo Spiele sollen hauptsächlich Spaß bringen und unterhalten, während die Geheimnisse von Arabia Felix etwas ernster sind und eine klarere Botschaft über den Frieden haben. Wir wollen mit ihnen den Spielerinnen und Spielern Prozesse und Verhaltensweisen nahebringen, die wichtig dafür sind, Frieden in einer Gesellschaft zu schaffen und zu bewahren. Der Spaß-Faktor bei den Spielen soll dafür sorgen, dass die Jugendlichen dranbleiben.
Worum geht es in den Spielen konkret?
In Eduo Run! muss man in den verschiedensten Ecken von Jemen Gegenstände sammeln und mit ihnen ein friedliches Jemen wiederaufbauen, während man von einem bösen Monster verfolgt wird, das versucht die jemenitische Kultur zu zerstören. Es ist ein klassisches Runner-Game. Das bedeutet, dass die Spieler rennen, Dinge einsammeln und dabei verschiedene Hindernisse überwinden müssen.
Eudo Quest ist aus mehreren Mini-Puzzles aufgebaut. Es dreht sich darum, wie wichtig Bildung für Jungen und Mädchen ist, um eine positive Zukunft gestalten zu können. Die Arabia-Felix-Spiele für ältere Jugendliche sind Abenteuerspiele mit realistischeren Charakteren. Hier müssen die Spieler verschiedene Level der Konfliktlösung beschreiten. Dabei nehmen sie die Rolle eines Helden ein, der Frieden in eine bestimmte Stadt bringt anstatt sie zu zerstören. Dann baut der Held die Stadt auf, leitet die Menschen an und arbeitet daran, Korruption zu bekämpfen. Das ist eine ziemliche Herausforderung, aber man kann das schaffen.
Sind die Spiele bereits auf dem Markt?
Ja, das erste Pilot-Spiel haben wir im Frühjahr 2017 in den Google Play Store gebracht. Seit Ende 2017 können auch alle anderen Spiele-Apps dort heruntergeladen werden. Nach den ersten drei Monaten gab es bei „Eduo Run“ bereits über 7.500 Downloads mit einer durchschnittlichen Bewertung von 4,9 von 5 Sternen.
Konnten Sie schon positive Veränderungen durch die Spiele feststellen?
Momentan nutzen wir vor allem unsere Facebook-Seite, um diesen Prozess zu beobachten. Wir haben die Spiele alle mit unserer Facebook-Community verlinkt. Mehr als 20.000 Follower tauschen sich da aus. Davon über 19.000 aus dem Jemen. Dort kann sich die AIZ in Diskussionen einschalten und sehen, welche Botschaften die jungen Spielerinnen und Spieler aus den Spielen ziehen und ob sie ihre Perspektiven ändern.
Erzählen Sie von Ihrem Team. Wie haben Sie zusammengearbeitet?
Ich bin Projektmanager für die Entwicklung von Online-Spielen und arbeite in den Niederlanden für Butterfly Works. Dort bin ich zuständig für die Zusammenarbeit mit Menschen, die räumlich weit von uns entfernt arbeiten. Das passt ideal für unser Projekt in Jemen. In den Niederlanden arbeiten wir mit Spielentwicklern und –designern zusammen. In Jemen haben wir ein Team von zehn Autoren und Spielern, um die Spiele in den richtigen Kontext zu setzen, sowie einen Sounddesigner, mehrere Sprecher und Illustratoren. Außerdem haben wir mit einem jordanischen Illustrator und mit einem Soundeffekt-Spezialisten aus Großbritannien zusammengearbeitet.
Was waren dabei die größten Herausforderungen?
Es benötigt eine gute Kommunikation und volles Engagement aller Beteiligten, um innerhalb von sechs Monaten vier Online-Spiele zu entwickeln.
Ihren methodischen Ansatz könnte man als experimentell bezeichnen. Warum?
Wir haben den ganzen Designprozess von Anfang bis zum Ende mit End-Usern und unserem kreativen Team gestaltet. Wir haben versucht, die Probleme zu ergründen und innovative Lösungsansätze zu entwickeln. Insofern: Mit End-Usern gemeinsam einen kreativen Prozess zu gestalten ist ein Ansatz, der an sich schon ziemlich experimentell ist. Dass wir das sogar noch auf so eine räumliche Distanz gemacht haben, war auch für uns absolut neu. Aber alles verlief sehr gut. Es gab ein ziemliches starkes Wir-Gefühl im Team.
Die Spiele sind für das Vorhaben „Unterstützung der Stärkung des Friedensprozesses im Jemen" entwickelt worden, das die GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) umsetzt. Die AIZ ist verantwortlich für die Aspekte Öffentlichkeitskampagnen sowie Kompetenzentwicklung für Friedensförderung und gute Regierungsführung.