Wie ein blauer Streifen schlängelt sich der Nil durch die karge Wüstenlandschaft Sudans und Ägyptens. Wasser ist in dieser Region ein knappes Gut. Flussaufwärts in Äthiopien treiben die Ströme des blauen Nils das größte Wasserkraftwerk Afrikas an. Wasser wird hier vielfältig genutzt. Doch seine Verfügbarkeit stellt die Region vor Herausforderungen.
Die Bevölkerungen der insgesamt elf Anrainerstaaten des Nils wachsen – und mit ihnen der Wunsch, die Ressource bestmöglich zu nutzen. Sie verwenden das Wasser, um große landwirtschaftliche Flächen zu bewässern. Zusätzlich produzieren Wasserkraftwerke Strom, um die Bevölkerung und Industrie mit Elektrizität zu versorgen. Das heißt aber auch, dass Staudämme gebaut werden, die das Wasser aufhalten. Das sorgt für Spannungen zwischen Staaten am Oberlauf und am Unterlauf des Nils.
Um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Region zu fördern, leitet Malte Grossmann für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH vor Ort ein Projekt. „Im Oberlauf des Nils fällt der Regen und im Unterlauf ist die Wüste. Ein Teil des Beckens liefert Wasser für den anderen“, sagt er. Der Nil entspringt in den Hochländern Äthiopiens und rund um den Viktoriasee. Von dort aus durchfließt er viele Länder Ostafrikas, bis er über den Sudan Ägypten erreicht. Zunehmende Bevölkerung, wachsende Wirtschaft und der Klimawandel führen dazu, dass Menschen dem Fluss immer mehr Wasser entnehmen. Grossmann prognostiziert: „Das Wasser wird weniger und unregelmäßiger kommen.“
Kooperation: Der Schlüssel für Frieden und Sicherheit
Um Stabilität in der Nil-Region zu fördern, ist die GIZ in einem ressortübergreifenden Ansatz der Bundesregierung aktiv. Vom Bundesentwicklungsministerium (BMZ) und dem Auswärtigen Amt (AA) beauftragt fördert die GIZ den Dialog zwischen den Ländern des Nilbeckens. Dazu unterstützt sie die Nilbecken-Initiative, eine zwischenstaatliche Organisation, in der Expert*innen jedes Landes zusammentreffen und die vorhandenen Wassermengen beobachten. 60 modernisierte Messstationen liefern Daten, die Expert*innen der Länder gemeinsam auswerten. So wissen alle Anrainer über das verfügbare Flusswasser Bescheid. „Das schafft Vertrauen“, sagt Grossmann.
Die Nilbecken-Initiative ist die erste Plattform, die die Anrainerstaaten des Nils nutzen, um sich über ihre Wassernutzungspläne auszutauschen. Sie teilen Informationen, etwa über geplante Staudämme, miteinander und simulieren die Auswirkungen auf das Nilwasser. „Wir setzen uns mit vielen Interessen – nicht nur den eigenen – auseinander“, beschreibt ein Mitglied der Initiative die Gespräche. „Das ist ein wichtiger Schritt, um mit den unterschiedlichen Sichtweisen umzugehen und Konflikte vorzubeugen.“
Zentralasien: Stabilität und Zusammenhalt in der Region
In Zentralasien zeichnet sich ein ähnliches Bild. Wasser ist auch hier eine geteilte Ressource vieler Länder. Und sie wird knapper. Der Klimawandel fordert die Region heraus, sorgt im Hochland für Gletscherschmelze, in den Tälern bilden sich Wüsten. Die Folge: Wann und ob Wasser vorhanden ist, ist kaum planbar. Genau dort, an den Ufern der Flüsse Amu Darya und Syr Darya, hat die Bäuerin Masturakhon Saifutdinova ihre Felder. Dort baut sie Granatäpfel an. „Ohne Wasser gibt es kein Leben. Wir müssen hier sorgfältig mit dem Wasser, das wir haben, umgehen“, sagt sie.
Um genau das zu fördern und dabei regionale Spannungen zu lösen, setzt sich die GIZ im Auftrag des BMZ und AA seit mehr als zehn Jahren in der Region ein. Konkret unterstützt sie die Länder Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan bei ihrem Umgang mit den gemeinsamen Wasservorkommen. Auch hier bringt die GIZ die Länder an einen Tisch, fördert Austausch und vereinheitlicht Messdaten. Gemeinsam mit der GIZ entwickeln die Länder Modelle und Vorhersagen – Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg. Ohne sich gegenseitig das Wasser abzugraben, erkennen die Länder, mit wie viel sie planen können. Dadurch vermehrt sich zwar nicht das Wasser, die Kooperation löst aber Spannungen. „Das Wasser ist zwar nicht viel“, sagt Bäuerin Saifutdinova über die ihr zugeteilte Menge. „Aber es reicht.“
Stand: Februar 2024