Schwarze Kinder beim Fussballspiel auf der Straße

Wirtschaft und Beschäftigung: Mit innovativen Geschäftsmodellen Armut mindern

Unternehmen integrieren einkommensschwache Menschen und verbessern damit langfristig ihre Lebensbedingungen.

© LifeBank
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Mit innovativen Geschäftsmodellen Armut mindern

Teure Dienstleistungen sind für Menschen in Armut oft unbezahlbar. Wie lässt sich das ändern? Mit integrativen Geschäftsmodellen, die vergünstigte Produkte und zusätzliche Arbeitsplätze bieten. Solche Ideen benötigen Mut, helfende Partner und das Wissen: Eine Unternehmerin aus Nigeria hat sich der Herausforderung erfolgreich gestellt. Ihre Mission: Gesundheitsversorgung für alle.

Eine Transportdrohne landet auf dem Gelände eines ländlichen Krankhauses. An Bord sind lebenswichtige Blutkonserven. Das medizinische Personal nimmt sie erleichtert entgegen. Solche Szenen sollen in Nigeria und Kenia selbstverständlich werden – daran arbeitet das innovative Unternehmen LifeBank. Es ist darauf spezialisiert, Krankenhäuser in kürzester Zeit mit Blut und Sauerstoff zu versorgen: per Motorrad, Auto, Schiff und Drohne. Davon profitieren bereits über 750 kooperierende Gesundheitseinrichtungen. Und das ist erst der Anfang.

Denn die Arbeit von LifeBank basiert auf einem besonderen Geschäftsmodell, das gestaffelte Liefergebühren und ein differenziertes Preisangebot nutzt. Private Krankenhäuser erhalten Premiumdienstleistungen, etwa zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen und Qualitätssicherung, die sie ihren Kund*innen anbieten. Die generierten Mehreinnahmen finanzieren vergünstigte Angebote für Menschen mit wenig Mitteln. „Ich habe mit dieser Arbeit begonnen, weil ich die Menschen mit dem geringsten Einkommen unterstützen wollte“, erklärt LifeBank-Gründerin und Geschäftsführerin Temie Giwa-Tubosun ihre Firmenphilosophie.

 

Mädchen mit Kopftuch und Jungen spielen Fußball vor einer Moschee

© Susann Tischendorf/GIZ

Ein Weg aus der Armut

Der Fokus auf die Einkommensschwächsten ist eines der Grundprinzipien des Ansatzes „breitenwirksame Geschäftsmodelle“ (engl. Inclusive Business, IB). Damit gelingt es, Menschen mit geringem Verdienst besser in die Geschäftsmodelle von Unternehmen einzubeziehen. Im Fall von LifeBank erhebt das Unternehmen für die schnelle Lieferung von Blut und Sauerstoff einen Preis, den sich auch Patient*innen mit wenig Geld leisten können. Gleichzeitig schafft das nigerianische Start-up attraktive Arbeitsplätze für Menschen ohne Berufsausbildung, die es beispielsweise als Lieferant*innen beschäftigt. Diese können ihre Familien ernähren und damit gleichzeitig Kommunen Geld einbringen, welches in Straßen und Schulen investiert wird. Im besten Fall entsteht so ein Kreislauf, der die Armut dauerhaft reduziert.

Deshalb fördert die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) und kofinanziert von der Europäischen Union (EU) bereits seit sechs Jahren solche breitenwirksamen Geschäftsmodelle. Der Bedarf ist groß: Vier Milliarden Menschen weltweit leben von weniger als acht US-Dollar pro Tag. Sie haben kaum Aussicht auf bessere Einkommensmöglichkeiten und können essenzielle Güter und Dienstleistungen nicht bezahlen. Verstärkt wird dies durch die sogenannte „Armutsbestrafung“: Für Menschen mit geringem Verdienst kosten Waren häufig mehr als für wohlhabende Bevölkerungsschichten. Mit unregelmäßigem Einkommen ist es so nicht möglich, Kaufentscheidungen langfristig zu planen oder Waren in größeren Mengen zu günstigeren Preisen zu kaufen.

Kleiner Junge schießt Fußball auf einem Sandplatz

© LifeBank

Erfolg, der andere Unternehmen inspirieren soll

Um diesen Menschen in Armut mehr Chancen zu eröffnen, betreibt die GIZ als internationaler Vorreiter die weltweit größte digitale IB-Wissensplattform: Auf inclusivebusiness.net – entwickelt in Partnerschaft mit internationalen Organisationen – können sich Unternehmer*innen weiterbilden und vernetzen. Sie finden dort Fachwissen, Praxisbeispiele und Fortbildungsangebote. Mehr als 8.700 Besuche aus 165 Ländern verzeichnet die Plattform pro Monat.

Gleichzeitig arbeitet die GIZ daran, die Rahmenbedingungen für das Wirtschaften von und für Menschen mit geringem Verdienst zu verbessern. Im IB-Programm zur Politikentwicklung bringt sie Beteiligte aus Politik, Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft an einen Tisch.

In Kambodscha etwa hat dies zur Entwicklung einer nationalen IB-Strategie geführt, die die Bedingungen für IB-Unternehmen verbessert. Staatssekretär Heng Sokkung vom Ministerium für Industrie Wissenschaft, Technologie und Innovation ist vom Konzept überzeugt: „IB trägt durch Innovation und Erschließung neuer Marktsegmente zum Wandel unserer Wirtschaft bei. Es entstehen Vorteile in dreierlei Hinsicht: für die Unternehmen, die Menschen in Armut und für die Gesellschaft. Die GIZ ist bei der Umsetzung ein wichtiger strategischer Partner.“

Ähnliche Prozesse sind von der GIZ in Zusammenarbeit mit dem Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) in anderen Ländern der Region angestoßen worden. Lernerfahrungen daraus werden bis nach Nigeria und Sambia getragen.   

Auch LifeBank profitierte vom Netzwerk der GIZ – als eines von 131 Unternehmen, die an Trainings und anderen Formaten zum Thema IB teilgenommen haben. „Viele Firmen, die den IB-Ansatz verfolgen, kämpfen damit, ihre innovativen Geschäftsmodelle auszuweiten. Die GIZ hat uns mit den Ressourcen unterstützt, die wir für eine Strategie brauchten, um unser Modell künftig auch in Kenia umzusetzen", sagt Temie Giwa-Tubosun. Die Gründerin hat viel vor: Sie möchte weiter expandieren und noch mehr Menschen den Zugang zu schneller Notfall- und Gesundheitsversorgung ermöglichen – und gleichzeitig mit attraktiven Arbeitsplätzen zu mehr Chancengleichheit beitragen.

Stand: August 2021

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