Der Andenstaat hat sich ein großes Ziel gesteckt: Klimaneutralität bis 2050. So sieht es Chiles nationaler Beitrag zum Pariser Klimaabkommen vor. Für die Umstellung der Stromversorgung ist eine grundlegende Energiewende notwendig. Denn aktuell kommen rund drei Viertel der Treibhausgasemissionen aus dem Energiesektor.
Chile entwickelt sich zum Vorreiter in Sachen erneuerbarer Energien und des Klimaschutzes in Südamerika. Die Bedingungen sind optimal: Die Atacama-Wüste im Norden des Landes gilt als einer der Orte mit der intensivsten Sonnenstrahlung der Welt und bietet beste Bedingungen, um Sonnenenergie zu gewinnen. Ein 4.000 Kilometer langer Küstenstreifen bringt reichlich frische Luft – ideal für Windparks. Außerdem schlummert Erdwärme unter hunderten von Vulkanen. Laut einer Studie, die das chilenische Energieministerium in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH erstellt hat, kann Chile jährlich mehr als 5.000 Terawattstunden erneuerbaren Strom produzieren. Deutlich mehr als der nationale jährliche Strombedarf, der aktuell bei rund 75 Terawattstunden liegt. Der südamerikanische Staat schöpft dieses Potenzial nun immer mehr aus: Machten 2014 Sonne, Kleinwasserkraft, Biomasse und Wind nur sechs Prozent am Energiemix aus, sind es sieben Jahre später schon rund 25 Prozent. Bis 2035 soll mehr als die Hälfte des chilenischen Stroms aus Erneuerbaren produziert werden.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) unterstützt die GIZ den Andenstaat seit 2008 bei seiner Energiewende.
Der günstigste Solarstrom weltweit
Das Bundesunternehmen hat gemeinsam mit den chilenischen Partnern bereits einige Erfolg erzielt. Unterstützt durch die Beratung der GIZ konnte die maximale Leistung von Solaranlagen von unter sieben Megawatt (2014) auf mehr als 5.650 Megawatt (2021) gesteigert werden. Auch die maximale Leistung der Windparks hat sich in diesem Zeitraum erheblich gesteigert – von 736 Megawatt auf mehr als 3.950 Megawatt.
Erklärtes Ziel der chilenischen Regierung ist eine stabile und günstige Stromversorgung. Dabei treten alle Energieformen in einen offenen Preiskampf. Subventionen? Fehlanzeige. Dass sich im Wettbewerb zuletzt stets die Erneuerbaren durchgesetzt haben, liegt in erster Linie an den idealen meteorologischen Bedingungen. Auch ein klarer Regulierungsrahmen und geringere Kosten für Technologien für die Energiewende tragen dazu bei. Im September 2021 wurde mit einem Durchschnittspreis von unter 2,4 US-Cent pro Kilowattstunde aus Solar- und Windanlagen ein neuer Rekord aufgestellt.
Kohlekraftwerke in Energiespeicher umrüsten
Für die anstrebte Klimaneutralität bis 2050 ist der Ausstieg aus der Kohle ein wichtiges Element. Im Januar 2018 hat die chilenische Regierung den Kohleausstieg bis spätestens 2040 beschlossen. Noch bezieht Chile, ähnlich wie Deutschland, rund 40 Prozent seiner Energie aus Kohlekraftwerken. Die GIZ berät die Regierung im Auftrag des BMU dazu, wie stillgelegte Kraftwerke weiter genutzt und Jobs erhalten werden können. Ein Ansatz ist, bestehende Kohlekraftanlagen in emissionsfreie Wärmespeicherkraftwerke („Carnot-Batterien“) umzurüsten. Sie funktionieren dann im Prinzip wie eine Batterie: Mit günstigem Solarstrom oder überschüssiger Energie aus Windanlagen werden Salze erhitzt, die die freigesetzte Energie speichern. Außerdem werden auch Optionen wie der Umbau der Kraftwerke in Meerwasserentsalzungsan-lagen oder ein Betrieb mit Gas und Wasserstoff oder Biomasse geprüft.
Chiles Sonnenturm: Grüner Strom für 380.000 Haushalte
Eine entscheidende Rolle bei Chiles Energiewende spielt überdies konzentrierte Solarenergie. „Cerro Dominador“ – so heißt die erste konzentrierte Solaranlage in Lateinamerika. 2021 ist sie in der Atacama-Wüste ans Netz gegangen. Auch hier geht es um Energiespeicherung: 10.600 Reflektoren lenken Sonnenstrahlen gebündelt auf die Spitze eines 250 Meter hohen Turms und erhitzen dort flüssige Salze. Das Besondere: Auch hier wird die Energie in thermischen Speichern als flüssiges Salz zwischengelagert und über Wärmetauscher in Wasserdampf umgewandelt. Dieser treibt eine Turbine an, die bis zu 110 Megawatt Strom rund um die Uhr Strom erzeugen kann. Die Anlage kann bis zu 380.000 Haushalte mit grünem Strom versorgen. Das spart jährlich rund 870.000 Tonnen an CO2-Emissionen ein. Und zusätzliche Bauwerke dieses Typs sollen folgen: ein weiterer wichtiger Schritt auf Chiles Weg zur Klimaneutralität.
Weiterführende Infos:
Auch grüner Wasserstoff spielt eine Rolle in Chiles Energielandschaft – gerade dort, wo eine direkte Elektrifizierung mit erneuerbarem Strom nicht möglich ist. Mehr als 50 Projekte mit grünem Wasserstoff werden derzeit entwickelt. Lesen Sie hier mehr zu diesem Thema.
Stand: Oktober 2021