Auf der Suche nach sichereren Lebensverhältnissen und auf der Flucht vor Krieg und Terror haben viele Afrikaner ihr Zuhause verlassen. Daher gilt es, den Nachbarkontinent dabei zu unterstützen, die Herausforderungen von Migration und Flucht zu bewältigen und Perspektiven für die Menschen zu schaffen.
Migration ist kein neues Phänomen in Afrika, sondern trägt zum wirtschaftlichen Überleben vieler Menschen bei. Die Vereinten Nationen zählten 2017 rund 25 Millionen Migranten innerhalb Afrikas, das sind zehn Millionen mehr als noch im Jahr 2000. Sie verlassen ihr Land auf der Suche nach einer Ausbildung oder Jobs. Weitere rund 20 Millionen Menschen sind auf der Flucht vor Krieg, Terror oder Verfolgung. Dabei fliehen die meisten von ihnen (rund 15 Millionen) innerhalb ihres Heimatlandes. Die, die außerhalb des eigenen Landes Schutz suchen, kommen überwiegend in Nachbarländern unter. Nur ein Bruchteil der Migranten und Geflüchteten macht sich auf den Weg nach Europa.
Die Europäische Union (EU) beschloss 2015 auf einem Gipfel im maltesischen Valletta den EU-Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika (EUTF). Auf drei Regionen des Nachbarkontinents zielt diese umfassende außen-, stabilisierungs- und entwicklungspolitische Initiative: das Sahel-Gebiet, das Horn von Afrika und Nordafrika. Der Fonds hat ein Volumen von rund 3,3 Milliarden Euro. Das Geld kommt Flüchtlingen, Migranten, Rückkehrern und jenen Gemeinden in den vielen afrikanischen Ländern zugute, die trotz schwieriger Lebensbedingungen zahlreiche Männer, Frauen und Kinder aufgenommen haben.
Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH beteiligt sich gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern in 23 afrikanischen Ländern und mit regionalen Vorhaben daran, langfristige Perspektiven für die Menschen in ihrer Heimat zu schaffen. Zudem unterstützt sie am Horn von Afrika die Reform der Migrationsarchitektur zum Schutz der Menschen.
Schutz und Alternativen
Besserer Schutz bedeutet beispielsweise eine bessere medizinische Versorgung. In Dschibuti etwa wurden eine Gesundheitsstation in Obock sowie mobile medizinische Einheiten in allen Regionen des Landes aufgebaut. Bis Ende März 2019 wurden am Horn von Afrika mehr als 9.800 verwundbare Migrantinnen und Migranten in Dschibuti, Äthiopien, Somalia und Sudan durch solche Dienste wie auch durch psychosoziale Dienste, Rechtshilfe, Kinderschutz, Familienzusammenführungen, Unterkünfte sowie Unterstützung bei einer freiwilligen Rückkehr versorgt.
Unterstützung sowie spezielle Trainings von mehr als 40 zivilgesellschaftlichen Organisationen sind Teil eines umfangreichen Programms für ein besseres Migrationsmanagement (Better Migration Management, BMM) am Horn von Afrika, das die GIZ im Auftrag der EU und des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) umsetzt. Es wird in enger Abstimmung mit der Kommission der Afrikanischen Union und der Zwischenstaatlichen Behörde für Entwicklung (Intergovernmental Authority on Development, IGAD) koordiniert. Zentrale Aspekte sind der Schutz und die Unterstützung von Migranten, besonders von Frauen und Minderjährigen, die auf den langen Migrationsrouten oft Opfer von gewaltsamen Übergriffen und Vergewaltigungen werden. Der Aufbau von migrationspolitischem, juristischem und polizeilichem Know-How soll Menschenhandel und -schmuggel in der Region eindämmen.
Etabliert wird außerdem eine regional abgestimmte, an internationale Gesetzgebung angepasste Migrationspolitik sowie entsprechende staatliche Strukturen, um eine menschenrechtskonforme Behandlung von Migranten zu ermöglichen. Mit Unterstützung durch BMM ist im Mai 2019 der erste Postgraduierten-Diplomkurs Migration in der Region gestartet. Der Kurs zielt darauf ab, wichtige Akteure in den IGAD-Mitgliedsländern zu Expert*innen für Migration und Grenzmanagement zu machen. Auch die Kooperation zwischen den Nachbarstaaten in Ostafrika soll durch das Programm verbessert werden. Dazu klären Kampagnen über Arbeits- und Studienmöglichkeiten im In- und Ausland sowie über Fluchtrisiken auf. Im Rahmen einer Job- und Ausbildungsmesse, die von einer Social-Media-Kampagne begleitet wurde, konnten etwa in Kenia eine halbe Million Menschen erreicht werden.
In allen beteiligten Ländern gilt der „do-no-harm“-Ansatz. Dabei ist die Zusammenarbeit mit Personen oder Gruppen Tabu, die mit Menschenrechtsverstößen in Zusammenhang gebracht werden. Im Vordergrund stehen die Einhaltung der Menschenrechte und der internationalen Konventionen zum Schutz von Flüchtlingen. Darauf achten die GIZ wie auch der Lenkungsausschuss der EU und des BMZ, der die Arbeit des BMM begleitet.
Hilfe für die Einwohner von Agadez
Auch in Niger ist die GIZ tätig. Die Bundesregierung unterstützt das Land unter anderem im Rahmen der EU-Migrationspartnerschaften dabei, Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung zu schaffen und die Ursachen der Migration zu bekämpfen. Diesen Schwerpunkt der Zusammenarbeit hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Besuch in dem westafrikanischen Staat im Oktober 2016 betont. Im Fokus liegt die strukturschwache Region Agadez im Zentrum von Niger, dem Drehkreuz der Migrationsrouten in West- und Zentralafrika. Hier werden die Lebensbedingungen für besonders arme Einwohner verbessert. Etwa durch Beschäftigung in der Landwirtschaft und kommunalen Abfallentsorgung, wovon rund 26.500 Nigrer profitieren.
Berufsausbildung für junge Nigerianer
Fragil ist die Lage auch im südlichen Nachbarstaat Nigeria. Das mit über 180 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichste Land Afrikas wird seit fast zehn Jahren vom Terror der Boko Haram-Miliz erschüttert. Vor der Gewalt im Nordosten sind rund 2,3 Millionen Menschen innerhalb Nigerias und in Nachbarländer geflohen. Zudem fehlt es Millionen jungen Nigerianern an Bildung und Jobperspektiven. Auswandern sehen sie oft als einzigen Weg, eine Arbeit und ein festes Einkommen zu bekommen – auch nach Europa. Hier setzt die GIZ an und hat im Auftrag des BMZ Angebote für Berufsausbildungen entwickelt, die besonders nachgefragt werden: im Bereich Bau und Landwirtschaft. Hiervon profitieren direkt rund 10.000 junge Leute. Und mit ihnen bekommen auch die Familien eine Perspektive in ihrer Heimat – damit eine Alternative zur Flucht ins Ungewisse.
Stand: August 2019