Marokko: Jamila Raissi, Geschäftsführerin einer Arganöl-Genossenschaft

Marokko: Jamila Raissi, Geschäftsführerin einer Arganöl-Genossenschaft

Die einzigartigen Arganbaum-Wälder in der marokkanischen Region Souss-Massa sind Teil des UNESCO-Weltkulturerbes – bislang jedoch kaum für Besucher erschlossen. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH den nachhaltigen Tourismus im ländlichen Raum, um für die dortige Bevölkerung Beschäftigung und Einkommen zu schaffen. Seit 2013 unterstützt sie hierzu auch die Frauenkooperative „Akkain Ouargane“. Dank moderner Maschinen in mehreren Produktionsstufen sowie Schulungen konnte die Kooperative die Menge und Qualität ihres Bio-Arganöls steigern. Durch den Verkauf ihrer Produkte an Touristen und Abnehmer im Ausland hat sich der Umsatz verdoppelt. Geschäftsführerin Jamila Raissi erzählt, wie davon heute insgesamt 350 Frauen und ihre Familien profitieren. Das Projekt zur Förderung des nachhaltigen Tourismus ist Teil der Sonderinitiative des BMZ zur Stabilisierung und Entwicklung in Nordafrika und Nahost.

Was ist das Besondere am Arganbaum und am Arganöl?

Arganbäume wachsen nur in der Region Souss-Massa im Südwesten Marokkos. Aus den Nüssen produzieren die Frauen seit Generationen Speise- und Kosmetiköl sowie Amlou, einen Brotaufstrich mit Mandeln, Honig und Arganöl. Arganöl macht schön und gesund! Und es gehört zum kulturellen Erbe der Berber.

Wie kam es zur Gründung der Kooperative „Akkain Ourgane“?

Die Frauen aus dem Dorf haben früher zu Hause und per Hand die Nüsse verarbeitet. Ihre Männer haben dann versucht, das Öl am Straßenrand und in den Souks – den Wirtschaftsvierteln – zu verkaufen. Das brachte aber nicht genug Geld ein. Also entschlossen sich die Frauen, eine Kooperative zu gründen, die eine Vermarktung erleichtern sollte. Es war viel Arbeit, alle Papiere zusammenzubekommen, aber 2007 hatten wir es dann geschafft.

Wie hat sich die Kooperative seitdem entwickelt?

Es gelang der Gruppe nicht auf Anhieb, eine geeignete Finanzverwaltung und Buchhaltung aufzusetzen. Als gelernte Buchhalterin zeigte ich den Frauen, wie sie den Produktionsprozess dokumentieren. Sie baten mich, die Geschäftsführung zu übernehmen. Als wir dann noch von der GIZ unterstützt wurden, ging es zügig voran.

Wodurch genau hat die GIZ die Kooperative unterstützt?

Die GIZ hat Röstmaschinen, Ölpressen, Filter und Füllgeräte finanziert, die die Ölproduktion erheblich verbessert und gesteigert haben. Durch technische und unternehmerische Weiterbildungen haben die Frauen und ich uns professionalisieren können. Auch hat die GIZ die Teilnahme an internationalen Wirtschaftsmessen ermöglicht. Unsere Vermarktungsstrategie ist seitdem viel ausgefeilter und richtet sich mehr am nachhaltigen Tourismus aus.

Welche Rolle spielt der Tourismus für Sie?

Wir profitieren voneinander: Wir kooperieren mit der Tourismusbranche, mit den Hotels und Reiseanbietern vor Ort. Durch den Ökotourismus kommen auch viele ausländische Besucher zu uns. Sie können sich ein Bild von den traditionellen Lebens- und Arbeitsweisen machen und kaufen unsere Produkte. Das belebt das Geschäft und wir konnten unseren Umsatz dadurch um 50 Prozent steigern.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass wir weiterhin trotz der steigenden Nachfrage nachhaltig und schonend Arganöl produzieren können. Dazu müssen wir die Bäume unbedingt vor weidenden Ziegen, Ausbeutung und Umweltverschmutzung schützen.


        
    
Alles am Arganbaum ist für den Menschen nützlich: das Holz zum Heizen, das Fruchtfleisch als Viehfutter, die Nüsse für die Ölproduktion. Copyright Fotos:Tristan Vostry

        
    
2014 nahm die UNESCO den Arganbaum und die traditionelle Herstellung des Arganöls in die repräsentative Liste des „dringend erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes“ auf.

        
    
Im August werden die erntereifen Früchte vom Boden aufgesammelt. Bei der beschwerlichen Ernte und Weiterverarbeitung singen die Frauen oft Lieder.

        
    
Mit den Gesängen gehen das Knacken und Schälen der Argannüsse etwas leichter von der Hand. Doch selbst geübte Hände schaffen maximal ein Kilo am Tag.

        
    
Früher rösteten und pressten die Frauen die Nüsse per Hand. Traditionell hergestelltes Öl und Amlou wird heute noch von Kunden nachgefragt, die den Geschmack bevorzugen.

        
    
Zu den gemahlenen Nüssen geben die Frauen etwas Wasser hinzu und kneten die Masse zu einem Presskuchen. Was übrig bleibt ist flüssiges Gold: Arganöl.

        
    
Heute übernehmen teils moderne Maschinen das Rösten, Pressen und Abfüllen. Geschält wird nach wie vor von Hand. Abfallprodukte dienen als Viehfutter und Heizmaterial.

        
    
Die Frauen der Kooperative baten Jamila Raissi darum, ihre Geschäfte zu führen. Sie nahm an einer Reihe von Fortbildungen teil, die die GIZ organisierte.

        
    
Buchhaltung, Arbeitsabläufe und Vermarktung haben sich seit der Gründung der Kooperative modernisiert und professionalisiert. Dennoch wird auf die Traditionen Wert gelegt.

        
    
Die Frauen können sich ihre Zeit familienfreundlich und flexibel einteilen. Am Ende des Monats rechnen sie ab, wie viele Nüsse sie geknackt und geschält haben.

        
    
Die Geschäftsführerin prüft die Qualität des fertigen Produkts. Um die Bioqualität zu garantieren, arbeitet die Kooperative mit Gesundheits- und Lebensmittelzertifizierungen.

        
    
Die Kooperative hat zwei Produktlinien: Das Speiseöl, für das die Argannüsse vorher geröstet werden, und das kaltgepresste kosmetische Öl.

        
    
Jamila Raissi bringt eine Bestellung in die nahegelegene Ökolodge Atlas Kasbah. Die Bioprodukte passen zum ganzheitlichen Konzept von Hoteleigentümer Hassan Aboutayeb.

        
    
Die Ökolodge von Hassan Aboutayeb lebt nachhaltigen Tourismus vor. Der Ökotourismus schafft einen wichtigen Absatzmarkt für die Kooperative.

        
    
Die Mitgliederzahl der Kooperative stieg seit der Gründung von 53 auf 72. Mit ihrer Arbeit tragen die Frauen bis zur Hälfte des Haushaltseinkommens bei. Sie sind stolz darauf.

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